Im Bericht „Schutzwald in Österreich – Wissensstand und Forschungsbedarf“ haben 65 Wissenschaftler*innen aus verschiedenen österreichischen Forschungsinstitutionen und verschiedensten Fachrichtungen ihre Kompetenz eingebracht und den aktuellen Wissenstand über Österreichs Schutzwälder in insgesamt achtzehn Bereichen zu den Themen Grundlagen, Ökologie, Bewirtschaftung, Klimawandel, gesellschaftsrelevante Aspekte, rechtliche Aspekte sowie internationale Rahmenbedingungen in prägnanter Weise dargestellt. In einer Kurzfassung zu diesem Bericht wurden Wissensdefizite identifiziert und der künftige Forschungsbedarf aufgezeigt. Der vorliegende Bericht dient der ausführlicheren Darstellung und Herleitung der einzelnen Kapitel der Kurzfassung. Österreich ist untrennbar mit dem Landschaftsbild temperierter Wälder verbunden, welches zu einem erheblichen Teil auch die kulturelle Identität Österreichs beeinflusst. Österreichs Wälder stellen ein zentrales Element der alpinen Landschaft dar und sind Grundlage für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Wohlstand, verbessern die Lebensqualität und bieten Schutz
vor den abtragenden Kräften der Natur. Bei nachhaltiger Bewirtschaftung erbringen Wälder viele gesellschaftsrelevante Leistungen wie Bodenschutz, Schutz vor Naturgefahren, erneuerbare Rohstoff- und Energiequelle, Schaffung von Arbeits plätzen, Klimaschutz sowie der Erhaltung wichtiger ökosystemarer Dienstleistungen. Der vorliegende Bericht betrachtet den Wald als prägendes Element der alpinen Landschaft, das vielerorts einen natürlichen Schutz vor Naturgefahren bietet bzw. diese deutlich reduziert. Die Bergwälder unterliegen seit Jahrtausenden, besonders intensiv aber seit dem ausgehenden Mittelalter, einer vielfältigen Beanspruchung und Nutzung (z.B. Waldweide, Streunutzung, Schneitelung, temporärer Ackerbau, intensive Holznutzung für den Bergbau). Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden intensive Nutzung und Rodung im Gebirge von französischen Wissenschaftlern als Ursachen großer Überschwemmungen „im Unterland“ erkannt. Bald schon wurde diese Erkenntnis generalisiert und sukzessive auf den weiteren Alpenraum übertragen. Seit dem Ende des 19. Jahrhundert ist die Alpenregion im Umgang mit Schutzwäldern historisch führend und Bewirtschaftungstechniken können als Teil des europäischen Kulturguts betrachtet werden. Schutzwälder bieten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Menschenleben, Infrastruktur und Ressourcen vor katastrophalen Ereignissen - verursacht durch Gefahrenprozesse wie Hochwasser, Murgänge, Schneelawinen oder Steinschlag. So sind in Österreich sowie Südtirol ca. 30% der Waldfläche und in der Schweiz um die 40% der Waldfläche als Wälder ausgewiesen, deren primäre Funktion die Verhinderung dieser Naturgefahrenprozesse ist. Wald ist eine effiziente Risikoreduktionsmaßnahme, jedoch werden technische Schutzmaßnahmen im integralen Risikomanagement bevorzugt zur Schadensprävention eingesetzt, da sie allgemein als effektiver und schneller umsetzbar angesehen werden. Dies auch deshalb, weil große Wissensdefizite bei der Quantifizierung der Wirkung von Bäumen und Wäldern auf Naturgefahrenprozesse und bei risikobasierten Bewertungsverfahren unter Einbeziehung der Waldwirkung bestehen. In the present report „Protective Forests in Austria - State of Knowledge and Research Needs”, 65 scientists from various Austrian research institutions have contributed their expertise. The report explains the current state of knowledge, describes knowledge deficits, and defines the future research needs for Austria’s protective forests in a total of eighteen topical areas, divided into fundamentals, ecology, management, climate change, and socially relevant aspects. The final chapters deal with key legal aspects and international framework conditions that affect the protective forest. Austria is inextricably linked with the landscape of temperate forests. They are the basis for economic independence and prosperity, improve the quality of life, and offer protection from the abrasive forces of nature. If forests are managed sustainably, they fulfil many socially relevant functions such as soil protection, protection from natural hazards, renewable raw materials and energy sources, job creation, climate protection, preservation of ecosystems and thus the preservation of the alpine landscape. Forests therefore also have a significant influence on Austria’s cultural identity. The present report regards the forest as a defining element of the alpine landscape, which offers natural protection against natural hazards. For thousands of years, the mountain forests have been subject to a variety of demands and uses (forest pasture, litter use, snowfall, temporary arable farming, intensive use of wood for mining, etc.), which became particularly intense at the end of the Middle Ages. It was not until the end of the 18th century that French scientists recognized intensive use and clearing in the mountains as the cause of major floods “in the lowlands”. This knowledge was soon generalized and applied to the entire Alpine region. Historically, the Alpine region has been leading in dealing with protective forests since the 19th century. Management techniques can be seen as part of the European cultural heritage. Protective forests make an important contribution to protecting human life, infrastructure, and resources from catastrophic events - caused by natural hazards such as floods, debris flows, snow avalanches or rockfall. In Austria and South Tyrol, around 30 % - and in Switzerland around 40 % - of the forest area are designated as forests that have the primary function to prevent these natural hazard processes.