Der vorliegende Bericht umfaßt die Ergebnisse der Boden-Pflanze Transferfaktorenbestimmungen der 1990 in Betrieb genommenen Lysimeteranlage des Forschungszentrums Seibersdorf und die Ergebnisse eines Versuches mit 14C-markiertem MCPA. Die Anlage besteht aus zwölf monolithisch entnommenen Bodenkörpern von vier Standorten (kalkreiche Lockersedimentbraunerde, kalkfreie Lockersedimentbraunerde, saure Braunerde auf Kristallin, trockengefallener Gley) mit je drei Wiederholungen. Die Größe der Lysimeter ist 1 x 1 x 0,75m. Die Anlage liegt in einem Gebiet mit pannonischem Klima (heiße, semi-aride Sommer, humide Winter, mittlerer jährlicher Niederschlag: 517mm, mittlere Jahrestemperatur: 9,8°C). Neben Boden-Pflanze Transferfaktoren wurden Aufnahmeraten bestimmt, die die Biomasseproduktion und die Wachstumszeit der Pflanzenorgane berücksichtigen. Die Gesamtmediane der Transferfaktoren (ermittelt für Endivie, Mais, Gelbsenf, Weizen, Zuckerrübe, Kartoffel, Pferdebohne und Weidelgras) nahmen von 226Ra (0,068 kg kg hoch-1) und 137Cs (0,043 kg kg hoch-1) zu 60Co (0,018 kg kg hoch-1) ab, für die Aufnahmeraten wurde die gleiche Rangfolge beobachtet. Die unterschiedlichen Eigenschaften der vier Versuchsböden führten zu signifikanten Unterschieden in der Pflanzenaufnahme von Cs und Ra, nicht aber von Co. Unterschiede in der Radionuklidaufnahme zwischen Pflanzenarten und Pflanzenteilen waren deutlich, wobei Grasarten um den Faktor 5,8 (Cs), bzw. 15 (Co) niedrigere Transferfaktoren zeigten als die zweikeimblättrigen Kulturarten. Diese Unterschiede wurden nicht für Radium beobachtet. Es kann zusammengefaßt werden, daß der Cs-Transfer stark von Bodeneigenschaften bestimmt wird, während pflanzenspezifische Faktoren die wichtigste Variabilitätsursache für Kobalt darstellen. Die Variabilität der Radiumaufnahme basiert sowohl auf Pflanzenunterschieden als auch auf den Bodeneigenschaften. Eine einfache Modellrechnung ergab, daß bei allen drei Radionukliden die Auswaschung, zumindest mittelfristig, keinen nennenswerten Beitrag zur Abnahme der Radionuklidkontamination landwirtschaftlicher Böden leistet. Für 60Co und 137Cs ist der physikalische Zerfall bei weitem der bedeutendste Verlustpfad, wenn auch deutliche Unterschiede in den Ernteausträgen zwischen den Böden auftreten und Cäsium dabei immerhin nennenswerte Verluste von bis zu 0,91% in einer dreißigjährigen Periode aufweist. Bei 226Ra sind die Verluste durch physikalischen Zerfall und Ernteentzug etwa gleich bedeutsam, wobei der zweite Verlustpfad bei drei von vier Böden überwiegt. Dies bedeutet aber nicht, daß es sich um wesentliche Verluste handelt. Der höchste Ernteaustrag für eine dreißigjährige Periode wurde mit etwa 3,7 Promille des Ra-Gesamtinventars errechnet. Eine Phytosanierung mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen erscheint somit ohne weitere Maßnahmen in keinem Fall vielversprechend. Der im Jahre 1996 angelegte Lysimeterversuch mit MCPA (2-Methyl-4-chlor-phenoxy-essigsäure) wurde fortgeführt. Auf einem Lysimeter (Boden III) wurde erneut MCPA appliziert, während das zweite Lysimeter (Boden I) weiter beobachtet wurde. Im Lysimeterboden I setzte sich die 1996 beobachtete Abnahme der Radioaktivität in den obersten Bodenschichten kontinuierlich fort. Die Radioaktivität nahm von 36% der 1996 eingesetzten Menge auf 11,5% (15.7.1997) im Oberboden ab. Im Boden III wurde eine Halbwertszeit des erneut applizierten Wirkstoffes von drei Tagen ermittelt. 27 Tage nach der Applikation wurden nur mehr 2% der nach der Applikation detektierten Menge in der obersten Bodenschichte (0,5cm) nachgewiesen. Allerdings zeigten Analysen der ersten 10cm nach der Gertenernte (15.7.1997), daß noch 80% der applizierten Aktivität vorhanden war; dieser Wert sank bis November 1997 auf 44% ab. Trotz ansehnlicher Sickerwassermengen im Versuchszeitraum (Mai 1996 bis November 1997) von 152,7 L (Boden I) und 253,5 L (Boden III) wurden bis Versuchsende lediglich < 0,01% (Boden I), bzw. 0,02% (Boden III) der applizierten Radioaktivität ausgetragen. In keiner Sickerwasserprobe konnte der Wirkstoff oberhalb der Nachweisgrenze nachgewiesen werden. Die im Sickerwasser gemessene Radioaktivität selbst bestand zu ca. 96,5% aus stark polaren oder bereits mineralisierten Verbindungen. In der Gerste wurde auf Boden I (Applikation 1996) eine deutliche Verringerung der 14C-Aufnahme gegenüber den Vorjahrskonzentrationen im Weizen, nämlich um den Faktor 5,8 (Stroh), bzw. 3,8 (Korn) festgestellt. Die Gerstenpflanzen auf Boden III (wiederholte Applikation) zeigten Konzentrationen, die mit den im Jahr 1996 (Weizen) beobachteten praktisch ident waren. Insgesamt wurden 1997 0,039% (Boden I), bzw. 0,149% (Boden III) der gesamten applizierten Radioaktivität in den Gerstenpflanzen detektiert.