Standardsignatur
Titel
Der Alpensteinbock (Capra ibex L.) in seinem Lebensraum : Ein ökologischer Vergleich
Verfasser
Erscheinungsort
Hamburg
Verlag
Erscheinungsjahr
1966
Seiten
85 S.
Illustrationen
40 Abb., zahlr. Lit. Ang.
Material
Bandaufführung
Datensatznummer
98110
Quelle
Abstract
Sechs schweizerische Steinbockkolonien, welche sich seit ihrer Gründung unterschiedlich rasch entwickelt haben, werden nach ökologischen Gesichtspunkten verglichen. Eine Beschreibung jeder Kolonie gibt über Gründungsgeschichte und Eigenheiten Auskunft. Die Nachwuchsrate ist in den verglichenen Kolonien nicht gleich: Sie ist in der Regel groß bei kleinen Kolonien. Bei zwei daraufhin untersuchten Kolonien erwies es sich, daß die Kitzzahl um so geringer ausfiel, je höher die Niederschlagsmenge während der Trächtigkeitsperiode war. Die Fortpflanzungsphase der Geißen setzt in Gehegen teilweise bereits mit zwei, in Freikolonien mit drei bis sechs Jahren ein. Die Lebensdauer scheint mit den Fortpflanzungsverhältnissen in Zusammenhang zu stehen. In Kolonien mit hoher Nachwuchsrate bzw. raschem Populationswachstum sterben die Böcke durchschnittlich früher, die Dauer einer Generation ist kürzer. In der Piz-Albris-Kolonie setzt die Fortpflanzungsphase heute, nachdem der Bestand groß geworden ist, später ein als zur Gründungszeit. Außerdem erreichen die Böcke jetzt ein höheres Alter. Daraus ergibt sich: Die Abfolge der Generationen (Turnover, Replacement) ist heute verlangsamt, das Wachstum der Population damit gedrosselt. Es wirt interpretiert: In der Veränderlichkeit des Turnovers zeigt sich ein Mechanismus, der die Entwicklung einer Population reguliert. Die jährlichen Zuwachsringe der Bockgehörne fallen mit steigendem Alter immer kürzer aus. Die gemessenen Zuwachse sind indessen verschieden in den verglichenen Kolonien. Es ergab sich folgende Regel: Überdurchschnittliches Wachstum im Alter und umgekehrt. In den Steinbockgebieten Piz Albris und Gran Paradiso ist der Wachstumsverlauf heute anders als früher. Der jährliche Gehörnzuwachs erweist sich als Vergleichskriterium. Es stützt die Befunde über unterschiedliche Fortpflanzungsverhältnisse und Lebenserwartung. Die Steinböcke waren im Frühling in den niedrigsten, im Sommer in den höchsten und im Winter in mittleren Arealteilen zu finden. Dieses Verteilungsmuster läßt sich mit den wechselnden Temperatur- und Vegetationsverhältnissen erklären. In zwei Kolonien ist der Aufstieg im Sommer begrenzt. Wanderungen sowie das Einstehen in Höhlen werden als Folgen dieser Begrenzung betrachtet. Im Frühsommer wurden die Steinböcke gehäuft auf Plätzen festgestellt, die im Winter mit Schnee bedeckt waren. Im Spätsommer ist die Verteilung ausgeglichen. Maßgebenden Einfluß auf die Standortwahl der Tiere haben außerdem: die Exposition nach der Himmelsrichtung, die Hangneigung, die Windrichtung und -stärke, der Wald. Böcke und Geißen bevorzugen nicht dieselben Plätze: Die Geißen ziehen sich öfter in unzugängliche Gebiete zurück; die Böcke wagen sich eher in offenes Gelände. Im Bereich der untersuchten Kolonien stellen tiefe Wälder sowie Gletscher die wirksamsten Arealgrenzen dar. Eine Abhängigkeit von bestimmten geologischen Verhältnissen ließ sich nicht erkennen.