Zahlreiche Untersuchungen zeigten, dass Flechten nach einem radioaktiven Fallout Radionuklide in vergleichbar hohen Konzentrationen aufnehmen und dass die radioaktive Belastung der Flechten im allgemeinen gut mit der Flaechenbelastung des Bodens korreliert. Ein wesentlicher Vorteil von Flechten ist, dass man relativ leicht Mischproben aus einer groesseren Flaeche sammeln kann, dabei erhaelt man die mittlere Belastung eines Gebietes. Besondere Bedeutung koennte die Bioindikation von radioaktivem Fallout in der alpinen Hoehenstufe erlangen, da Flechten in diesem Bereich meist stark vertreten sind und ausserdem durch die Gelaendebeschaffenheit die Entnahme von Bodenproben erschwert wird. Fuer diese Arbeit wurden im Sommer 1993, also gut 7 Jahre nach dem Reaktorunglueck von Tschernobyl, Boden- und Flechtenproben am Stubnerkogel im Bundesland Salzburg gesammelt. Ziel der Arbeit war es, festzustellen inwieweit sich verschiedene Flechtenarten einige Jahre nach einem radioaktiven Fallout noch als Bioindikatoren fuer die radioaktive Belastung eignen. Die untersuchten Flechtenproben hatten 137Cs-Aktivitaeten von etwa 400 bis 5.000 Bq pro kg Trockengewicht. Diese relativ hohen Aktivitaeten sind auch bei geringer Probenmenge leicht messbar. Somit kann man aufgrund ihrer langen Lebensdauer Flechten auch einige Jahre nach einer radioaktiven Kontamination noch als Bioindikatoren heranziehen. An einer besonders geeigneten Stelle wurden Flechten verschiedener Arten aus raeumlich sehr eng begrenzten Flaechen entnommen. Es zeigten sich deutliche artspezifische Unterschiede in der Kontamination, Cetraria islandica, Cladonia arbuscula und Cladonia rangiferina waren am staerksten belastet. Da gerade diese Arten in der alpinen Hoehenstufe sehr haeufig vorkommen, erweisen sie sich als besonders geeignete Bioindikatoren. In den Bodenproben war teilweise 137Cs aus den oberirdischen Atombombenversuchsexplosionen nachweisbar, das war in keiner der Flechtenproben der Fall. Flechten koennen somit geeignet sein, einen neuerlichen Fallout getrennt von einem relativ lange zurueckliegenden Fallout zu messen. Aus verschiedenen Gruenden koennen im Lauf der Zeit die urspruenglichen Kontaminationsverhaeltnisse der Flechten etwas verfaelscht werden. Im vorliegenden Fall unterschied sich die aus den Bodenproben ermittelte Flaechenbelastung an den einzelnen Standorten kaum, Flechten von niedriger gelegenen Standorten hatten jedoch oft hoehere spezifische Aktivitaeten als solche von hoeheren Standorten. Diese Tatsache kann man teilweise durch unterschiedliche Wachstumsraten der Flechten erklaeren. Auch nachtraegliche Radionuklidaufnahme ueber den Boden kann das Kontaminationsmuster der Flechten verfaelschen. Fuer das Untersuchungsgebiet konnte grob abgeschaetzt werden, dass die Proben von Cetraria islandica im Mittel etwa 20% bis 40% ihrer 137Cs-Aktivitaet indirekt ueber den Boden aufgenommen haben. Generell kann man sagen, dass diese Unsicherheiten eine umso staerkere Rolle spielen, je mehr Zeit zwischen der Kontamination und der Probennahme vergeht. Aufgrund ihrer immer noch relativ hohen Kontamination kann man Flechten auch einige Jahre nach einem radioaktiven Fallout noch als Bioindikatoren heranziehen, jedoch zeigt sich, dass man zusaetzliche Unsicherheiten einkalkulieren muss. Bei der Probennahme sollte besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, nur Flechten von Standorten mit aehnlichen Wachstumsbedingungen miteinander zu vergleichen.