Nach dem Drachen- und Gleitschirmfliegen ist jetzt auch der Ballonsport in den Verdacht geraten, Auswirkungen auf Wildtiere zu haben. Ebenso klagen gelegentlich Landwirte über Beeinträchtigungen von Weidetieren und über Vegetationsschäden durch Ballonlandungen. Vor diesem Hintergrund ist die WGM im Herbst 1995 auf Initiative des Deutschen Freiballonsport-Verbandes (DFSV) vom Bayerischen Landesamt für Umweltschutz mit einer Studie zu diesem Thema beauftragt worden, die vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen finanziert wurde. Die Untersuchung bediente sich einer Umfrage vor allem unter Ballonfahrern, Jägern, Landwirten, Naturschutzverbänden und Landratsämtern. Sie hatte einen Schwerpunkt in Bayern. Die Antworten der Ballonfahrer einerseits und der übrigen Gruppen andererseits zeigten in der Regel eine gute Übereinstimmung. Das stützt die Plausibilität der Ergebnisse. Die Mehrheit der rund 4.300 jährlich in Bayern absolvierten Ballonfahrten verläuft ohne erkennbare Folgen. Alle befragten Gruppen haben aber auch schon Reaktionen von Tieren auf Ballone beobachtet. Unter den wildlebenden Säugetier- und Volgelarten sind es vor allem Reh und Feldhase, Enten-, Hühner- und Greifvögel, unter landwirtschaftlichen Nutztieren Pferde und Rinder, die gelegentlich panikartig fliehen oder doch wenigstens sichtbar beunruhigt sind, wenn Heißluft- oder Gasballone über sie hinwegschweben. (Tabellen) Es handelt sich also in erster Linie um solche Tierarten, die gerade in jenen Landschaftsausschnitten häufig sind, die zu den bevorzugten Landegeländen der Ballonfahrer gehören, nämlich Wiesen und Weiden der halboffenen Kulturlandschaft. Allerdings sind das auch Arten, die gut zu beobachten sind. Bei Arten, für die das nicht gilt, spielt sich unter Umständen manches im Verborgenen ab. Von entscheidender Bedeutung für die Reaktion von Tieren auf Freiballone ist deren Fahrthöhe: Problematisch ist vor allem die Unterschreitung der im Luftverkehrsgesetz (aus anderen als Naturschutzgründen) vorgeschriebenen Mindesthöhe von 150 m sowohl bei Tieffahrten ganz allgemein, als auch im Rahmen von Landungen, wenn für die Suche nach geeignetem Landeterrain tief gefahren werden muß. Das weithin zu hörende Brennergeräusch ist dabei ein wichtiger Auslöser für Reaktionen von Tieren. Allerdings entfaltet auch der Balllon allein Wirkung, wie ein Vergleich mit den geräuschlos dahingleitenden Gasballonen zeigt. (Tabelle) Bei landwirtschaftlichen Nutztieren können Reaktionen auf Ballone in Einzelfällen dramatische Folgen haben: Außer zu Verletzungen, die sich die Tiere z.b. beim Ausbruch aus Weidekoppeln zuziehen, ist es schon zu Knochenbrüchen und gelegentlich sogar Fehlgeburten bei trächtigen Muttertieren gekommen. Etwa ebenso oft wie über die Beeinträchtigung von Weidetieren wird seitens der Landwirtschaft aber auch über Flurschäden geklagt. Viel schwerer abzuschätzen sind die Folgen heftiger Fluchtreaktionen für Wildtiere. Bei ihnen sind balloninduzierte Störungen vor allem während der Setz- und Brutzeiten im Frühjahr und Frühsommer kritisch. Außerdem sind für den Ballonsport gerade die thermikfreien frühen Morgen- und späten Nachmittagstunden bis hin zur Abenddämmerung interessant, also ausgerechnet jene Tageszeiten, in denen die meisten Wildtiere besonders aktiv sind und ungestört der Nahrungssuche nachgehen können sollten. Ökologisch bedenklich ist das besonders, wenn davon gefährdete Arten, z.B. die Wiesenbrüter, betroffen sind. Ebenso kritisch sind Ballonfahrten über sensiblen Lebensräumen, wie Mooren, extensivem Grünland oder ausgedehnten Röhrichten an See- und Flußufern bzw. allen Kategorien von Schutzgebieten bis hin zu Flächen, die nach Art. 6d des Bayerischen Naturschutzgesetzes geschützt sind, weil sie vielfach die letzten Refugen vieler solcher gefährdeten Tierarten sind. In Bayern gibt es einen ausgeprägten Schwerpunkt der Meldungen über Beeinträchtigungen von Wild- und Nutztieren sowie über Vegetationsschäden in den Landkreisen des bayerischen Alpenraumes und seines Vorlandes. Hier wird allerdings dem Ballonsport auch besonders intensiv nachgegangen. Es gibt keinen Zweifel, daß die Mehrheit der Ballonpiloten auf Belange des Naturschutzes gerne mehr Rücksicht nehmen würde. Allerdings brauchen sie dazu ein Handwerkszeug, mit dem sie sich aus der Vogelperspektive darüber orientieren können, was am Boden los ist. Hier setzen deshalb auch die gemeinsam mit dem DFSV erarbeiteten Lösungen an. Sie sehen an erster Stelle die Erarbeitung von Karten vor, die landesweit im Maßstab 1:50.000 alle geschützten Landschaftsausschnitte zeigen. Dann will der Verband darauf hinwirken, daß über derartigen Flächen Tieffahrten, niedrige Landeanfahrten und Landungen von den Ballonpiloten unterlassen werden. Weiter werden eine Reihe flankierender Maßnahmen vorgeschlagen, die von der Erstellung einer Luftbildserie über sensible Lebensräume oder die Überprüfung und Inventarisierung genehmigter Startplätze bis hin zur Erarbeitung einer Lehreinheit für die Naturschutzausbildung der Ballonpiloten reicht.