Das Untersuchungsgebiet liegt nordwestlich von Wien im Tullner Feld am orographisch linken Donauufer in einem der flächenmäßig größten zusammenhängenden Auwaldgebiete Mitteleuropas. Die Donau in diesem Bereich entsprach ursprünglich einem "verzweigten, gewundenen Gleituferfluß". Regulierungsmaßnahmen, Hochwasserschutzbauten und Kraftwerkserrichtungen führten zu gravierenden Veränderungen der Flüsse aber auch in den angrenzenden Auen. So ergeben Vergleiche von historischen Kartenmaterial für das Tullner Feld eine Abnahme der Wasserfläche in den Jahren von 1819 bis 1994 um 60 %, von 1902 bis heute um 17 %. Im Rahmen der Errichtung des Donaukraftwerkes Greifenstein wurde in den Jahren 1983/84 in den Donauauen oberhalb von Wien der Gießgang als ökotechnische Maßnahme geschaffen. Durch Verbindung bestehender Altarme fungiert dieses rund 42 km lange Gerinnne als Hinterlandsbewässerungssystem. Der durchschnittliche Abfluß bei der Mündung in die Donau beträgt 4,5 mß/s. Zusätzlich zur Basisdotation aus dem Altenwörther Arm, Zubringerbächen bzw. über das Grundwasser gelangen über eine eigens konstruierte Flutmulde Hochwässer ab einem Donauabfluß von 3100 mß/s in den Gießgang. Dabei strömten seit Bestehen des Gießganges an durchschnittlich 26 Tagen/Jahr Hochwässer in das Hinterland. Das bisher größte Ereignis brachte rund 900 mß/s Donauwasser in die angrenzenden Augebiete. Nach mehr als zehnjährigem Bestehen des Gießganges wurde von einem interdisziplinären Projektteam auf Basis umfangreicher Untersuchungen die ökologische Wertigkeit des Gebietes eingeschätzt. Die ausgewählten Fachbereiche bearbeiteten sowohl aquatische als auch terrestrische Fragestellungen (Ökomorphologie, Chemie, Mikrobiologie, Algen, Makrophyten, Markozoobenthos, Fische, terrestrische Vegetation, Amphibien, Reptilien, Vögel, Säuger). Der Gießgang selbst bietet auf Grund seienr abiotischen Verhältnisse hauptsächlich euryöken und limnophilen Arten Lebensraum. Rheophile Gesellschaften finden nur in den obersten und untersten Bereichen mit Donauanschluß optimale Verhältnisse. In den aufgeweiteten Ruhigwasserbereichen findet man vielfältige Makrophytenbestände. Das umliegende Auwaldgebiet sowie die als Refugialräume für Markophyten, Amphibien und viele markozoobenthischen Evertebraten wichtigen Kleingewässer, wurden durch den Gießgang und die damit verbundene Grundwasseranhebung positiv beeinflußt. Die Formulierung eines Entwicklungszieles sollte der seitens der EU kommenden "Wasser-Rahmenrichtlinie" (Stand Mai 1998) Rechnung tragen. Bei erreichtem Entwicklungsziel soll der Gießgang die Funktion von dynamischen Donaunebenarmen übernehmen. Daneben sollen ruhigere Abschnitte im Gießgang sowie den Gießgang flankierende stagnierende Gewässer und deren Vernetzung gefördert werden. Die Realisierung des vorliegenden Entwicklungszieles vermag die "ökologische Qualität" dieses Donaubereiches mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verbessern.