Geradlinige Wildbachsperren werden noch immer nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten bemessen. Denn in ihrer Dauerfunktion müssen sie nur dem Druck des Verlandungsmaterials standhalten, der am ehesten dem Erddruck gleicht, können aber bis zu vollzogenen Verladung auch kurzfristig dem Wasser- oder dem Murendruck ausgesetzt sein, wenn z.B. die Dolen verstopft sind. unter Heranziehung eines mehr als 85-jährigen Erfahrungsmaterials konnte auf statistischem Wege nachgewiesen werden, daß Wildbachsperren, die nur dem Erddruck entsprachen bei zusätzlicher Belastung auf Wasserdruck hätten brechen müssen, dennoch den Anforderungen mit einer geringeren Bruchzahl widerstanden, als die auf Wasserdruck kippsicheren Sperren. Die Analyse der Bruchursachen hat bewiesen und eigene, umfangreiche Bruchversuche mit Sperrenmauerwerk und -Beton in Modellform haben es bestätigt, daß bei geraden Wildbachsperren, sie in horizontalen durchgehenden Lagen gemauert oder betoniert und deren Dolen nicht zu groß (max. etwa 50 - 80 cm) sind, eine Plattenwirkung (Lastabtragung in zwei Richtungen) vorhanden ist. Die Bruchversuche haben außerdem gezeigt, daß auch für Mauerwerk die Biegefestigkeit ziemlich sicher angegeben werden kann, wenn auch jene des verwendeten Mörtels bekannt ist und das Mauerwerk aus einem bestimmten Steinverband besteht. Allerdings zeigt das Sperrenmaterial durch die horizontale Schichtung durch Arbeitsfugen in vertikaler und horizontaler Richtung ein so verschiedenes Verhalten, daß nach Chwalla (1960) elastostatische Berechnungsmethoden zunächst noch nicht in Betracht kommen. Auf Grund einer weiteren Nachrechnung der 50 größten "unterdimensionierten" Sperren Kärntens und von 20 beschädigten oder gebrochenen Sperren Europas im Hinblick auf die verschiedenen Möglichkeiten der vertikalen und horizontalen Lastabtragung und im Vergleich der unter verschiedenen Variationen gefundenen Spannungswerten mit der in den Bruchversuchen ermittelten absoluten Bruchspannungswerten, war es aber möglich, ein vereinfachtes Näherungsverfahren für die Lastaufteilung und Berechnung der an sich verhältnismäßig kleinen geradlinigen Wildbachsperren zu überprüfen und auch hinsichtlich der zu fordernden Sicherheiten neu zu interpretieren. Demnach erscheinen die für bestimmte Grenzbereiche vorgeschlagenen Gewichts-Platten-Sperren, mit Basisstärken von 33,5% und 43,7% der Druckhöhe, nach konventionellen Auffassungen gegenüber Erddruck vollkommen sicher, weisen bei Wasserdruck eine herabgesetzte, jedoch etwa 2,5-fache Sicherheit auf und werden erst bei Auftreten von Katastrophenbelastungen (Muren) bis nahe den Bruchgrenzen beansprucht, ohne diese jedoch ganz zu erreichen. Man kann die Sicherheit durch einen etappenweisen Ausbau der Sperren weiter steigern, indem man die einzelnen Etappen erst nach Verladung der vorhergehender baut. Prinzipiell erscheint die abgeleiteten Bemessungs- und Sicherheitsgrundsätze auch für alle anderen Sperrentypen anwendbar. Stimmt man die verschiedenen Sperrentypen aufeinander ab, so ergeben sich ihre wirtschaftlichsten Anwendungsbereiche aus den jeweiligen Spannweiten etwa wie folgt: Gewichts-Plattensperren, mit Basistärke zwischen 0.335 und 0.437 der Druckhöhe, aus Mauerwerk kann man bis etwa 10 und 20 m Spannweite, aus Beton bis etwa 20 und 30 m Spannweite geradlinig ausbauen, während bei größeren Spannweiten bis etwa 50 m anstelle der Plattenwirkung die Gewölbewirkung durch bogenförmige Grundrißgestaltung heranziehen wird. Bei noch größeren Spannweiten baut man die Sperren besser etappenweise aus und zwar mit Rücksicht auf die sich wiederholenden Einrichtungskosten möglichst nur in 2 Etagen, wobei die erste Etappe bereits 2/3 der Höhe betragen und auf die Abflußsektion beschränkt sein kann. Darüber hinaus wird man, gleichlaufend mit der Steigerung der Materialqualität, auch auf den entlegenen Baustellen der Wildbachverbauung die wirtschaftliche Anwendungsmöglichkeit des Stahlbetons mit abwägen.