Neben dem Schutz der Natur und der Umweltbildung ist dem Nationalpark Berchtesgaden die Aufgabe gestellt, Ökosystemforschung zu betreiben. Im Rahmen des UNESCO-Forschungsprojektes MAB-6 "Der Einfluss des Menschen auf Hochgebirgsökosysteme - Ökosystemforschung Berchtesgaden" werden die bisher vorhandenen Grundinformationen interdisziplinaer im Sinne einer angewandten Ökosystemforschung ausgewertet. Die vorliegende Arbeit verfeinert und ergänzt den Modellansatz des MAB-Projektes 6 durch eine spezielle Methodik und wendet diese im Rahmen einer Fallstudie an, die der ökologischen Problematik des sommerlichen Besucherverkehrs im Nationalpark gewidmet ist. Die Beanspruchung durch Besucher hat in Teilbereichen des Nationalparks die Form einer massentouristischen Nutzung erreicht, zum anderen fehlt es in der gegenwärtig sehr intensiv geführten Diskussion um alternative Entwicklungen im und zum Tourismus nicht an Ideologisierung, reinem Wunschdenken oder allzu starkem Sachzwangdenken (Messerli, 1986). Dies zeigt auf, dass überzeugende Antworten auf eine viel diskutierte Frage ("Besteht ein ökologisches Risiko überhaupt?") nur mit flächenbezogenen Aussagen gegeben werden können. Deshalb war es notwendig, eine Methodik zu entwickeln, mit der die ökologische Tragfähigkeit der touristisch genutzten Gebiete im Nationalpark ermittelt werden kann, um ihre Funktion im Sinne der Nationalparkverordnung sicherzustellen. Die entwickelte und eingesetzte Methodik stellt eine ökologische Bewertung auf der Basis der in einem Landschafts-Informationssystem geführten Daten dar. Diese wurde an der Fallstudie über die Auswirkungen sommertouristischer Trittbelastung auf die Gebirgsvegetation demonstriert. Im Rahmen dieser Fallstudie wurde folgendermassen vorgegangen: Nach der Aufbereitung und Digitalisierung der geometrischen Datenbasis (Flächen- und Lineardaten) wurden diesen Geometrien die landschaftsökologischen Informationen (Höhenlage, Hangneigung, Exposition, Landnutzungseinheit etc.) zugeordnet. Die räumliche Bezugsbasis für die Bewertung hinsichtlich der potentiellen Veränderungen durch die Trittbelastung stellen die Landnutzungseinheiten dar. Mit dem Landschafts-Informationssystem wurde das Ergebnis der Bewertung zuerst für einen Teil des Nationalparks - für das Testgebiet Jenner - statistisch und flächenbezogen dargestellt. Die Bewertung wurde durch Stichprobenerhebungen und Transektkartierungen im Testgebiet Jenner validiert, indem Eckwerte - Landnutzungseinheiten mit einer sehr hohen bzw. geringen potentiellen Veraenderung durch den Tritteinfluss - überprüft wurden. Die Überprüfung ergab, dass die Bewertung der Landnutzungen als tendenziell abgesichert bezeichnet werden kann. Weiterhin wurden mit dem Landschafts-Informationssystem die relevanten schadensbeeinflussenden Parameter ermittelt. Es stellt sich heraus, dass das Verhaeltnis von Wegeneigung zu Hangneigung, bezogen auf die potentielle Trittempfindlichkeit der Landnutzungseinheiten, der entscheidende, den Schaden bedingende Parameter ist. Überraschend war, dass die Wegefrequentierung nur eine untergeordnete Rolle spielt. So wurden z.B. entlang der Wege mit den höchsten Frequentierungen keine Schäden, im Gegensatz aber entlang der Wege mit geringen Frequentierungen Maximalschäden festgestellt. Zur Überprüfung, ob die bewerteten Landnutzungseinheiten, die Wege- und die Hangneigung tatsächlich die entscheidenden schadensbedingenden Parameter sind, wurde ein Modell entwickelt und mit dem Landschafts-Informationssystem Prognosekarten über die potentiellen Auswirkungen sommertouristischer Aktivitäten für ein zweites Testgebiet - das Testgebiet Funtensee - erstellt. Der Vergleich der Modellergebnisse mit genau erfassten und kartierten Schadflächen ergab, dass für ca. 48% der Fälle die prognostizierte Schadstufe der tatsächlichen Schadstufe entsprach und für ca. 41% der Fälle die potentielle Schadstufe nur eine Stufe unter bzw. über de...