Wechselwirkungen zwischen Klima, Lawinen und technischen Massnahmen

1998

132 S.

zahlr. Lit. Ang.

Bandaufführung

3-7281-2604-7

63985

Lawinen sind für das Gebirgsland Schweiz eine bedeutende Naturgefahr. Welches sind die Zusammenhänge zwischen Klima und Lawinen? Verändert sich das Auftreten von Lawinen bei einer Klimaänderung? Was konnte durch die in den letzten Jahrzehnten erfolgten stark verbesserten technischen Massnahmen, wie Verbauung, präventive künstliche Auslösung von Lawinen und Schutzzonenplanung erreicht werden? Auf diese Fragen wurden Antworten gesucht. Lawinenkatastrophen sind seltene Ereignisse, die durch extreme Wettersituationen ausgelöst werden. Da die numerische Simulation socher Situationen mittels Wettermodellen zur Zeit nicht möglich ist, wurden retrospektiv möglichst lange und kontinuierliche Zeitreihen analysiert. Für die drei Stationen Andermatt, Davos, und Bever wurden möglichst weit zurückreichende meteorologische Daten zusammengetragen. Diese drei Stationen leigen in klimatisch unterschiedlichen Regionen der Schweizer Alpen, jedoch in etwa gleicher Höhenlage (ca. 1500 m ü.M.). Für Davos konnte die Schneedecke rückwirkend bis 1896 mit täglicher Auflösung erfasst werden, für Bever bis 1910, für Andermatt bis 1947. Basierend auf diesen Daten wurde die Entwicklung der Schneedecke in diesem Jahrhundert untersucht. Charakteristisch sind grosse jährliche Schwankungen; es konnte aber keine grundlegende Veränderung festgestellt werden, was damit erklärt werden kann, dass die mittlere Wintertemperatur immer noch deutlich unter 0 Grad liegt. Die Lawinenaktivität, welche nicht direkt gemessen werden kann, wurde durch die von Lawinen verursachten Schäden erfasst. Mittels systematischer bibliographischer Recherchen und der Auswertung der Elementarschadenchronik von Lanz-Stauffer und Rommel (1936) konnte der Zeitraum von ca. 1500 bis 1946 mit zunehmender Vollständigkeit erfasst sein, während vorher die Aufzeichnungen selektiv sind. Seit 1947 werden alle gemeldeten Schadenlawinen einzeln im Archiv des Eidg. Institutes für Schnee- und Lawinenforschung registriert und dokumentiert. Diese Daten erlaubten uns eine detaillierte Übersicht der zeitlichen und räumlichen Verteilung der Schadenlawinen im Gebiet der Schweizer Alpen zu erstellen. Kombiniert mit meteorologischen Daten konnte die Wahrscheinlichkeit von Schadenlawinen bei gewissen Witterungssituationen berechnet werden. Für die Station Davos konnte auch ein potentieller Schadenlawinenaktivität berechnet werden, welcher nur von meteorologischen Daten abhängt; er zeigt keinen zeitlichen Trend. Aufgrund der Daten und Auswertung konnten folgende hauptsächlichsten Schlussfolgerungen gezogen werden: - Die Schneehöhe ist von Jahr zu Jahr sehr variabel. Die letzten Jahre waren an den untersuchten Stationen bezüglich der Schneehöhe nicht aussergewöhnlich. Schneearme Jahre traten gehäuft in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts auf. Früh- und Hochwinter (Monate November bis Februar) wurden in den letzten Jahren tendenziell wärmer, während der Spätwinter keine Tendenz zur Erwärmung zeigt. Schadenereignisse haben immer ein lokal bis regional beschränktes Ausmass. So wurde während der vergangenen 600 Jahre noch nie der gesamte schweizerische Alpenraum von ein und demselben Lawinenereignis heimgesucht. Es lässt sich kein Trend zu verstärkter oder verminderter Lawinenaktivität erkennen. Die technischen und planerischen Massnahmen haben dazu geführt, dass die Lawinenschäden trotz intensiver Raumnutzung stets auf etwa ähnlichem Niveau geblieben sind. Es ist zu vermuten, dass ab Mitte der achtziger jahre diese Massnahmen das Risiko von Lawinenkatastrophen gesamtschweizerisch wesentlich reduzieren. Die technischen und planerischen Massnahmen dominieren im besiedelten Raum eine allfällige klimabedingte Veränderung der Schadenlawinenaktivität.