Zusammen mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - Landesverband Bayern - richtete die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im Mai 1999 im oberfränkischen Michelau eine Fachtagung zum Baum des Jahres - der Silberweide - aus. Das Vorwort zu dieser Veranstaltung formulierte Alfred Grütz, ehemals Leiter der Forstdirektion Oberfranken, in deren Zuständigkeitsbereich die Tagung zur Silberweide statt fand. Lothar Gössinger, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald - LV Bayern - stellt neben dem Baum des Jahres die anderen Naturobjekte des Jahres 1999 vor. Der Vorsitzende des Kuratoriums Baum des Jahres, Dr. Silvius Wodarz berichtet in seinem Beitrag über die grundsätzliche und zukünftige Bedeutung des "Jahresbaumes" für die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wald und Forstwirtschaft. Mit rund drei Dutzend Arten ist die Weide (Salix) eine der vielfältigsten Gehölzgattungen Mitteleuropas. Im Gegensatz zur landläufigen Auffassung, sind nach Dr. Gregor Aas die meisten unserer Weiden morphologisch und ökologisch gut zu taxieren. Die Mehrzahl der Weidenarten wachsen strachförmig, sind in der Regel zweihäusig und werden von Insekten bestäubt. Weiden gelten als Pionierbaumarten mit großer ökologischer Amplitude. Sie sind außerordentlich frostresistent und tolerant gegenüber Überflutungen. Vor allem ihre Fähigkeit sich vegetativ zu vermehren, verschafft ihnen bei der Besiedelung neuer Lebensräume (Kies- und Sandbänke der Aue) Vorteile. Sie prägen deshalb vor allem Auenlandschaften. Trotzdem sind Weiden im Vergleich zu andern Waldbäumen konkurrenzschwach und deshalb in Mitteleuropa nirgends am Aufbau von Klimaxwäldern beteiligt. Mit dem Vorkommen der Weidenarten in der Vegetation unserer mitteleuropäischen Fluss- und Stromauen beschäftigte sich Dr. Winfried Türk in seinem Beitrag. Dabei widmet er sich vor allem den Schmalblattweiden, die vor den umfangreichen Flussregulierungsmaßnahmen im 19. und 20. Jahrhundert die Hauptbesiedeler der flussnahen Bereiche waren. Die enge Wechselbeziehung zwischen Biber und Weiden beschreibt Dr. Volker Zahner. Der Biber ernährt sich über 8 Monate im Jahr von der Rinde verschiedener Weidenarten und baut die geschälten Astabschnitte wiederum in Dämme und Burgen ein. Umgekehrt schaffen seine "Kahlhiebe" ideale Regerenationsbedingungen für die lichtbedürftigen Weiden. Der Biber trägt mit seiner Lebensweise auch zur Verbreitung der Weiden bei: Zurückgelassene, abgeschnittene Zweige bewurzeln sich und bilden ein neues Weidengebüsch im Uferbereich. Olaf Schmidt und Hermann Hacker beschreiben in ihren Vorträgen die Bedeutung der Weiden für die Vogel- bzw. Insektenwelt. Der Nektar der Weidenkätzchen ist z.B. für Weidenlaubsänger, Mönchsgrasmücke, Klappergrasmücke und Stieglitz eine wertvolle Energiequelle. Der "wollige" Weidensamen dient daneben u.a. als Baumaterial für das kunstvolle Beutelmeisennest. Insgesamt 2.500 Insektenarten in Mitteleuropa stehen nach Hermann Hacker mit den Salix-Arten in Beziehung, was wiederum die wichtige Rolle der Weiden bei der Nahrungssuche von Insekten fressenden Vogelarten erklärt. Artenreich ist auch die Pilzflora, die mit der Weide in Verbindung steht. Markus Blaschke beschreibt die Vielzahl, der mit bzw. von den Weiden symbiotisch, parasitisch oder saprophytisch lebenden Pilzarten. Aspekte der Genetik und Vermehrung werden ausführlich von Randolf Schirmer beleuchtet. Die forstliche Bedeutung der Silberweide ist das Thema des Beitrages von Karl Gutzweiler. Er beschreibt die Silberweide u.a. als idealen Kultursicherer für Kulturflächen am mittleren Oberrhein, streicht ihre wichtige Rolle als Pioniergehölz in noch natürlichen, dynamischen Flusssystemen hervor und verdeutlicht ihre positiven Eigenschaften im Erosions-, Klima- und Lärmschutz. Die waldbauliche Wertschätzung der Weiden wandelte sich nach Dr. Georg Sperber im Lauf der Geschichte deutlich. Fand ihr Holz im "hölzernen Zeitalter" bis 1800 noch vielfältige Verwendung, gestand ihenen Karl Gayer erst Ende des 19. Jahrhunderts im Mischwald wieder eine Rolle zu. Einen erneuten Durchbruch erlangten die Waldpioniere auf durch den Jahrhundertorkan entstandenen Kahlflächen. Die Entwicklung der Pioniergesellschaften auf diesen Flächen ist seither Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Forschungen. Den Kopfweiden widmet Josef Schröder seinen Beitrag. Er beschreibt die ökologische Bedeutung dieser, durch jahrelangen Rutenschnitt entstandenen bizarren Gebilde und berichtet von den vor 10 Jahren begonnenen Maßnahmen des oberfränkischen Landkreises Lichtenfels zur erfolgreichen Rettung dieses typischen Landschaftselementes am Obermain. Eng verbunden mit den Weiden ist das Korbmacher-Handwerk wegen der günstigen Wuchsbedingungen am Obermain. So entwickelte sich dort schon früh ein Zentrum für dieses Handwerk. Alfred Schneider beschreibt seine geschichtliche Entwicklung in dieser Region, die schließlich 1904 in der Gründung der Fachschule für Korbflechterei in Lichtenfels gipfelte. Als eine der ersten blühenden Pflanzen im Jahr liefern Weiden die erste Nahrung für eine Vielzahl von überwinternden Insekten. Dietrich Mautz stellt vor allem den Stellenwert der Weidenkätzchen für Wild- und Honigbienen dar. So sind zum Beispiel die meisten Arten der Gattung der Sandbienen in ihrer Nahrungssuche vollständig auf Salixarten spezialisiert. Auch Honigbienen versorgen sich zu einem erheblichen Teil mit Weidenpollen. In Honiganalysen fanden sie sich in 76% der bayerischen Honige. In rund 10% der Frühjahrshonige ist ihr Anteil sogar so hoch, dass sie als reine "Weidenhonige" bezeichnet werden können. Die Eigenschaften von Weidenholz und dessen Verwendungsmöglichkeiten sind das Thema des Beitrages von Dietger Grosser. Er beschreibt das Holz als leicht, grobfaserig und sehr weich. Wegen seiner geringen Rohdichte ist es zwar nur wenig verformungssteif - es zeichnet sich aber dafür durch eine bemerkenswert hohe Zähigkeit aus. Die Weide läßt sich hervorragend schälen - und eignet sich deshalb vor allem für die Herstellung von Sperrholz, Zündhölzer und Holzdraht. Aber auch im Massivholzmöbelbau und als Bauholz findet Weidenholz Verwendung. Wegen der Geruchs- und Geschmacklosigkeit ist es zudem in der Verpackungsindustrie beliebt. Norbert Lagoni berichtet schließlich von Weidenrinde als Heilmittel. Die heilende Wirkung Ihrer Inhaltsstoffe (Salicin) war z.B. schon den Jägern und Sammlern der Frühzeit bekannt. Auch griechische und römische Ärzte, sowie Gelehrte, Bader, Hebammen und Kräuterfrauen des Mittelalters wussten um ihre Wirkung. Nachdem es im 20. Jahrhundert gelang, synthetische Schmerz- und Entzündungsmittel herzustellen, gerieten die Weidenrindenpräparate wieder in Vergessenheit - erleben aber wegen des bisher ungelösten Problemes von Nebenwirkungen - seit kurzem eine Renaissance.
181 (Lebensweise, Autökologie. Waldbauliche Eigenschaften der Bäume) 810 (Allgemeines über das Holz einzelner Holzarten [einschl. Monographien über das Holz einzelner Holzarten oder Holzartengruppen. Unterteilung nach geographischen Ziffern (1/9) und nach Holzarten (174/176) durch Kreuzverweise oder wie erläutert unter 1(d) in der Einleitung]) 176.1 (Dicotyledoneae [Siehe Anhang D])