Für fünf Mischbestände auf Meliorationsversuchen, die 1984/85 in Immissionsschadgebieten des Erzgebirges angelegt worden sind, wurden die oberirdischen Phytomassen und die darin enthaltenen Mineralstoffmengen erhoben. Anhand der Untersuchungsergebnisse werden die ökologischen Wirkungen der Vegetation auf den Standort diskutiert, die sich aus dem unterschiedlichen Baumartenspektrum und der daraus resultierenden selektiven Aufnahme von Mineralstoffen ergeben. Aufgrund der standörtlichen und immissionsbedingten Extreme ist das Artenspektrum der Vegetation stark eingeschränkt. Die Leitgesellschaften der potenziell natürlichen Waldgesellschaften sind in den Unteren Berglagen der Traubeneichen-Buchenwald (Melampyro-Fagetum), in den Höheren Berglagen der Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum) und in den exponierten Hoch- und Kammlagen kleinflächig hochmontane Fichtenwälder (Fago- und Vertici-Piceeten). Von den gepflanzten Zielbaumarten haben sich die Europäische Lärche (Larix decidua), die Rotbuche (Fagus sylvatica) und die Traubeneiche (Quercus petraea) bewährt. Der Anbau der Fichte (Picea abies) ist unter gegenwärtigen SO2-Immissionsbedingungen in den Hoch- und Kammlagen noch immer riskant (Nebe 1997). Die Kalkung der freigelegten Mineralböden hatte eine starke Ansamung der Weich-Laubbaumarten Salweide (Salix caprea), Aspe (Populus tremula) und Birke (Betula pendula) zur Folge, die das Artenspektrum erweiterten. Die oberirdische Brutto-Primärproduktion liegt auf den 10-jährigen Versuchsflächen zwischen 7,8 und 36,5 t Trockenmasse/ha (OTM/ha). In der Regel ist sie nach Kalkung höher als auf den Kontrollflächen. Neben den Lärchenarten bildet die Salweide aufgrund ihrer hohen Pflanzenzahlen große Mengen an Phytomasse, gefolgt von den Hart-Laubbaumarten, der Fichte und den übrigen Weich-Laubbaumarten. Die jährlichen Mindestumsätze über das Laub und die Bodenvegetation erreichen in den 10-jährigen Mischbeständen 3,2 bis 6,8 t TM/ha*a und sind im Mittel auf den gekalkten Flächen etwas höher als auf den Kontrollflächen. Die Bodenvegetation hat mit durchschnittlich einem Drittel der jährlichen Mindestumsätze daran einen beträchtlichen Anteil. Die in der oberirdischen Phytomasse enthaltenen Nährelement-Mengen weisen unterschiedliche Verteilungsmuster auf. Stickstoff, Phosphor, Schwefel und Kalium sind nahezu proportional zur gebildeten Trockenmasse enthalten. Die Erdalkalien Kalzium und Magnesium werden bevorzugt von den Weich-Laubbäumen aufgenommen. Etwa die Hälfte der Erdalkalien sind jeweils im Laub der Gehölze enthalten. Die Spurennährelemente sind im Laub und Reisig in ähnlichen Größenordnungen konzentriert. Aufgrund der höheren Trockenmasse an verholzten Kompartimenten bilden diese größere Speicher für die Spurenelemente als für die Hauptnährelemente. Beträchtliche Aluminium-Mengen sind in der Bodenvegetation sowie im Reisig und Derbholz der Nadelbaumarten enthalten, nicht jedoch in den Laubbäumen. Die Unterschiede in den Elementgehalten der Vegetation auf ungekalkten und gekalkten Flächen lassen erkennen, dass nach der meliorativen Kalkung im Boden zumindest teilweise ein Wechsel vom Aluminium- zum Austauscher-Puffersystem eingetreten ist. Die Nährelement-Massen trophisch anspruchsvollerer Baumarten spiegeln den Wechsel deutlicher wider als die Bodenvegetation. Die Salweide ist aufgrund ihrer hohen Trockensubstanzbildung und der bevorzugten Erdalkaliaufnahme ein äußerst effektiver Kalzium- und Magnesium-Sammler. Über ihr leicht zersetzbares Laub werden jährlich bis zu 33,8 kg Ca/ha und 9,4 kg Mg/ha umgesetzt. Dies entspricht einer potenziellen Säure-Neutralisations-Kapazität von 2,5 kmol/Ä/ha*a bzw. einer jährlichen Düngung mit ca. 85 kg CaCO3 plus 32 kg MgCO3 je Hektar bzw. einer Gabe von etwa 140 kg/ha kohlensaurem Magnesium-Kalk (85% CaCO3*MgCO3). Dieser Effekt trägt entscheidend zur Pufferung der eingetragenen Säuren bei, er wird von keiner anderen untersuchten Baumart erreicht. Das hohe Nährstoffaneignungsvermögen und ihre hohe Wurzelenergie kennzeichnen die Salweide als eine ausgeprägt bodenpflegliche Pionierbaumart. Aus den Untersuchungsergebnissen ergibt sich die dringende Notwendigkeit, die Weich-Laubbäume in ein Konzept zur Restauration der immissionsgeschädigten Erzgebirgsstandorte einzubeziehen. Nur sie vermögen während der Kultur- und Jungwuchsphase der Bestände, die durch kombinierte Bodenbearbeitung und Kalkung eingeleitete technische Melioration der sauren basenarmen Standorte biologisch langfristig zu stabilisieren.