Österreich ist ein mitteleuropäisches Waldland und hat einen Waldanteil von 46,2% an der Landesfläche. Das sind 3,88 Mio. Hektar Waldfläche insgesamt (Waldbericht 1994). Regionale Studien und Erfahrungen aus der naturschutzfachlichen und waldbaulichen Tradition des Landes ließen die Vermutung zu, daß die österreichischen Wälder über einen relativ großen Anteil naturnaher Waldökosysteme verfügen und damit über einen der großflächigsten und wertvollsten Natur- und Lebensräume in Mitteleuropa. Folgende Frage drängte sich aus forstfachlicher und naturschutzfachlicher Sicht immer mehr auf: In welchem Ausmaß bzw. in welcher Intensität hat der Mensch das Ökosystem Wald beeinflußt und wie naturnah sind die österreichischen Wälder heute noch? Diese Frage war bisher nicht oder bestenfalls "gefühlsmäßig" zu beantworten. Um eine wissenschaftlich fundierte Aussage dazu treffen zu können, wurde das gegenständliche Forschungsprojekt "Hemerobie Österreichischer Waldökosysteme" durch eine Initiative der Abteilung für Vegetationsökologie und Naturschutzforschung an der Universität Wien (Leitung: Univ.-Prof. Dr. Georg Grabherr) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1992 ins Leben gerufen. Das Projekt ist einer der österreichischen Beiträge zur internationalen Forschungsinitiative des "Man And The Biosphere"-Programmes der UNESCO. Eine intensive Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft bzw. der Forstlichen Bundesversuchsanstalt Mariabrunn und österreichischen Waldexperten fand statt. Mit den Ergebnissen dieses Forschungsprojekts wird nun erstmalig eine Aussage über die flächige Verteilung und den Anteil von unterschiedlichen Naturnähestufen im österreichischen Wald möglich. Projektziele - Die gestellten Ziele des Projektes waren: - Definition, Kriterienauswahl und Darstellung des unterschiedlich starken menschlichen Einflusses (Hemerobie) auf das Ökosystem Wald und seine flächige Verteilung. - Die Vorlage eines praxisnahen Bewertungskataloges für wiederholte Hemerobieansprachen im Rahmen der österreichischen Waldinventur. - Eine verbesserte Kenntnis der Waldgesellschaften. Felderhebung - Zur Erfassung der Hemerobie bzw. Naturnähe der heimischen Wälder wurde die Wirkung von Holznutzung, Waldweide, Jagdwirtschaft, Tourismus und anderer Waldnutzungen auf die Wälder analysiert. Zur Beurteilung wurde ein spezieller Kriterienkatalog entwickelt. Erhebungsbasis im Gelände sind eindeutig erfaßbare und nachvollziehbare Einzelmerkmale z.B. "Aktuelle und potentielle Baumartenkombination", "Artmächtigkeiten der Bodenvegetation unter Berücksichtigung von Störungszeigern", "Menge und Qualität des Totholzes", "Intensität der Nutzungen" und andere. Diese wurden vor Ort an konkreten Waldbeständen, verteilt über ganz Österreich, nach standardisierten Aufnahmemethoden erhoben. Typische Kriteriensätze für einzelne Hemerobiestufen - Schließlich wurde versucht, für jede Hemerobiestufe typische Merkmalsausprägungen der Einzelkriterien zu beschreiben. Dazu wurde ein partitionierendes Clusterverfahren angewendet. Die Cluster liefern Bilder über die Art und Intensität verschiedener Nutzungseinflüsse in einer Naturnähestufe. Damit war es möglich die Ausprägungen der einzelnen Hemerobiestufen in verschiedenen Waldtypen mit fotographischem Bildmaterial zu belegen.