Beide vorgelegten Untersuchungen, zwischen denen ein Zeitraum von vier Jahren liegt, ergaben sowohl aus chemischer wie auch aus biologischer Sicht sehr unterschiedliche Befunde. Die mit der Wiedervereinigung Deutschlands eingeleitete Reduzierung der Kalisalzfoerderung wirkt sich positiv auf die Biozoenose der Werra aus. Bei den chemischen Untersuchungen sind es vor allem die versalzungsrelevanten Parameter, allen voran das Chlorid, bei denen 1995 Konzentrationen ermittelt wurden, die nur einen Bruchteil dessen ausmachten, was noch 1991 die Werra belastete. Daneben konnte eine signifikante Entlastung bei den verschmutzungsrelevanten Parametern und der Naehrstoffe (NH4-N, NO3.N und PO4-P) ermittelt werden. Auch die biologischen Untersuchungen machten die veraenderten Bedingungen im Bereich der Werra deutlich. Wenn sich auch ein Rueckgang der typischen "Versalzungsorganismen" nur zoegernd andeutet, Gammarus tigrinus, Potamopyrgus jenkinsi und Enteromorpha intestinalis wurden auch 1995 noch an fast allen Messtellen gefunden, so macht doch die Praesenz von Taxa, die in der Werra seit Jahrzehnten nicht beobachtet werden konnten, die Verbesserung des Gewaesserzustandes deutlich. Hier ist Gammarus pulex zu nennen, der 1995 an keiner der dreissig Probenahmestellen fehlte und der bis zu Abundanzen von 5 beobachtet werden konnte. Die Verbesserung der Gewaesserguete zeigt sich beim Vergleich der in beiden Messjahren ermittelten Saprobienindizes und der hieraus abgeleiteten Gueteklassifizierung: die Indizes hatten 1995 geringere Werte, so dass sich die Gewaessergueteklasse in der Mehrheit der Faelle um eine halbe Stufe verbesserte. Dieser Befund wurde statistisch geprueft (U- Test), die berechneten Differenzen sind auf der Basis von Alpha = 0,002 signifikant. Deutlicher als die Aenderungen bei der Saprobie, machen sich die Unterschiede der, aus den Anteilen halotoleranter Taxa bei den Diatomeenassoziationen abgeleiteten, Halobienindizes bemerkbar. Der jeweilige Halobienindex betrug 1995 bei fast allen Messtellen nur ca. 50% des vier Jahre frueher ermittelten Wertes. Dies macht die Aenderungen im Untersuchungszeitraum deutlich und belegt zudem die gute Brauchbarkeit der Diatomeen als Bioindikatoren. Von allen Einleitungen in die Werra stellt zur Zeit die Ulster die groesste Belastung dar. Ihr Einfluss macht sich ueber eine groessere Fliesstrecke bemerkbar. Eine weitere Belastung des Flusses sind diffuse Eintraege von zur Oberflaeche gelangenden, in der Vergangenheit versenkten Salzabwaessern, die besonders im Bereich der mittleren Werra zusaetzlich fuer ueberhoehte Salzkonzentrationen sorgen. Durch den Rueckgang der Kali-Endlaugen-Einleitungen und wegen der Installation moderner Abwasserbehandlungsanlagen konnte der hydrochemische und der hydrobiologische Zustand von Werra und Weser, nachdem die Vereinigung beider deutscher Teilstaaten vollzogen war, entscheidend verbessert werden.