In dieser Arbeit wird dargelegt, wie bei der europäischen Fichte auf Grund der Untersuchung der Nachkommenschaft Hinweise für eine standortsgerechte Auspflanzung der Sämlinge gefunden werden können. Neben den Untersuchungen an den Freilandsämlingen bis zum 5. Jahr wird vor allem das Wachstum der Fichtensorten unter Kulturraumbedingungen einer näheren Betrachtung unterworfen. Innerhalb der Hauptversuchsserie in der Kulturkammer werden zwei wesentliche Versuchsziele auseinandergehalten. In der photoperiodischen Testung von 22 Fichtensamensorten (Einzelbaumernte) wird die Erklärung für das allgemeine physiologische Verhalten der Fichtensämlinge durch verschieden lange Photoperiode und ihre Auswirkung gegeben. Die unterschiedliche Photoperiode bedingt durch den unterschiedlichen Lichtgenuß der Pflanzen eine dementsprechende Pflanzengröße; es zeigt sich dabei, daß die Atmung einen derart starken Einfluß auf die Gesamtgröße hat, daß die Gesamtstoffproduktion mit dem Quadrat der Beleuchtungsdauer zunimmt. Außerdem zeigt dieser Versuch die enge Abhängigkeit der Dauer des Triebwachstum von der Dauer der Photoperiode; dieses Triebwachstum ist aber auch noch sortenbedingt verschieden und läßt sich für die einzelnen Sorten eine optimale Tageslänge erkennen, bei der die günstigste Ausnützung der Photoperiode in Bezug auf Längen- und Gewichtswachstum zu erkennen ist. Diese optimale Tageslänge wird durch die Terminalknospenbildung, die ein Stoppen des Trieblängenwachstums bedeutet, besonders betont; die Knospenbildung am Trieb ist aber eine echte Sortenbedingtheit und zeigt zugleich eine direkte Abhängigkeit von der Seehöhe. Überdies läßt die photoperiodische Testung noch eine unterschiedliche Wüchsigkeit der verschiedenen Sorten bei sonst gleicher Reaktion erkennen, was vielleicht ein Hinweis auf eine quantitative Testung verschiedener Fichtensorten sein könnte. Dabei zeigt sich, daß die in mittleren Breiten (47°N) während der Vegetationszeit natürliche sommerliche Tageslänge von etwa 16 Stunden auch für die Sämlingstestung die günstigste Beleuchtungsdauer darstellt. In dieser werden die genauesten Unterschiede zwischen den untersuchten Sorten (von 80 Einzelbäumen) gefunden. Als primär ausschlaggebend für das Gesamtwachstum ist dabei die durch die photoperiodische Reaktion bedingte Knospenbildung am Trieb, wobei die einzelnen Seehöhenlagen der Mutterbäume unterschiedliche Reaktionen zeigen. Der Zeitpunkt der Terminalknospenbildung kann als verläßlichstes Merkmal der Seehöhenzuordnung verschiedener Fichtenherkünfte gelten. Dazu kommt noch die durch diese Reaktion bedingte Triebgröße (sowohl Länge als auch Gewicht), die derart gestaltet ist, daß mit zunehmender Seehöhe der Trieb kürzer wird. Als weiteres verläßliches Kriterium muß die relative Triebgröße in Bezug auf die Gesamtpflanze angesehen werden; sowohl die Länge als auch das Gewicht des Triebes nehmen mit zunehmender Seehöhe der Herkunft einen immer kleiner werdenden Anteil an der Gesamtpflanze ein; dies ist dadurch bedingt, daß die Wurzeln bei allen Sorten in etwa dem gleichen Maß entwickelt werden, der Trieb hingegen mehr und mehr mit zunehmender Seehöhe bei gleicher Tageslänge zurückbleibt. Ein Anteil des Triebes an der Gesamtpflanze von 10 % der Länge bzw. 65 % des Gewichtes nach einer Kulturdauer von 4 Monaten muß als sicherer Hinweis für eine Hochlagenherkunft gelten; bei den tiefen Herkünften können hingegen Triebanteile an der Gesamtpflanze bis zu 25 % der Länge bzw. bis zu 80 % des Gewichtes erwartet werden. Durch die parallel zu den Kulturkammerversuchen durchgeführte Freilandaussaat und Verschulung des Versuchsmaterials konnte festgestellt werden, daß enge Beziehungen bestehen zwischen den im Pflanzgarten im Laufe von 4 - 5 Jahren zu erwartenden Ergebnissen und den aus der Kulturkammer gegebenen Werte nach 3 - 4 Monate dauernder Testung des Saatgutes. Dabei kommt wieder die durch die Vererbung der Mutterbaumeigenschaften in Zusammenhang mit seiner Seehöhe bedingte Reaktion auf die Umwelt deutlich zum Vorschein; die einzelnen Sorten zeigen ein ihrer Anpassungsfähigkeit an den gegebenen Standort entsprechendes Verhalten; Aussaaten von Tieflagenherkünften zeigen im tiefgelegenen Pflanzgarten ihr bestes Wachstum, die im gleichen Garten ausgesäten Hochlagen dagegen bleiben stark im Wachstum zurück. Die Hochlagen haben ein anderes Temperatur- und Tageslängenoptimum, welches ihnen im tiefgelegenen Pflanzgarten nicht gegeben werden kann. Umgekehrt muß man von Tieflagenherkünften bei Aussaat in hochgelegenen Gärten ein stark gehemmtes - wenn nicht sogar verhindertes - Wachstum annehmen. Vor allem durch die Kulturkammertestung, aber auch durch eine länger dauernde Freilandtestung, sind uns somit Möglichkeiten einer Frühbeurteilung von Fichtensorten an die Hand gegeben; wenn auch noch lange nicht jede von einer Frühtestung zu erwartende Qualitätsbeurteilung in diesem Rahmen gegeben werden konnte, so ist doch bereits ein wesentlicher Schritt in Bezug auf die Anbauten in verschiedenen Seehöhen vorgezeichnet, wodurch bereits viele bisher aufgetretene Fehlschläge, besonders bei Hochlagenaufforstungen, verhindert werden können.
174.7 (Coniferae [Siehe Anhang D]) 161 (Pflanzenphysiologie (Gleichlaufend mit UDK 581.1 unterteilt, mit Ausnahme von .5 und .9)) 164 (Morphologie (Gleichlaufend mit UDK 581.4 unterteilt)) 165.3 (Allgemeines über Vererbung, Genetik und Züchtung, Variation [Praktische Anwendung siehe 232.13 und 232.311.3]) 181.212 (Lichtbedarf und -verträglichkeit im jahreszeitlichen Wechsel; Photoperiodismus) 181.65 (Wachstum (Zuwachs), soweit durch die Umgebung beeinflußt (einschl. waldbaulicher Behandlung))