Wie aus der beigegebenen Karte der natürlichen Verbreitung ersichtlich ist, besiedelt die Lärche nahezu die ganzen Ostalpen. Doch bestehen innerhalb dieses Gebietes bedeutende Unterschiede in der Häufigkeit ihres natürlichen Vorkommens. Aus den Tatsachen der Verbreitung läßt sich mit voller Deutlichkeit herauslesen, daß diese Verschiedenheiten in erster Linie klimatisch bedingt sind; außerdem werden feinere örtliche Unterschiede durch die Bodenbeschaffenheit hervorgerufen. Die natürliche Verbreitung der Lärche erstreckt sich in der Hauptsache auf jene Höhenstufen, die durch die Buche und weiterhin durch die Fichte als Hauptholzarten gekennzeichnet sind, jedoch innerhalb dieser Gürtel nur auf jene Teile, in denen (bei genügenden, ja größtenteils bei reichlichen Niederschlägen) verhältnismäßig binnenländische Wärmeverhältnisse herrschen. Jenen Außenseiten (Luvseiten) der Randgebirge, die den ozeanischen Luftströmungen gut zugänglich sind, fehlt die Lärche als einheimische Holzart vollständig, dies trotz der bedeutenden, die Lage der oberen Baumgrenze oft um ein beträchtliches überragenden Höhen der Berge. Das Höchstmaß ihrer Verbreitung erreicht unsere Holzart in den zentralalpinen Innenlandschaften. Häufig ist ein und derselbe Gebirgszug auf seiner Luvseite lärchenfrei, auf der Leeseite von Lärchen besiedelt. So weist z. B. im südöstlichen Teil der Alpen in der Nähe des Triglavstockes der Gebirgszug südlich vom Wocheiner-See auf der jugoslawischen oder Leeseite noch natürliche Lärchenstandorte auf, dagegen ist er auf der italienischen, also auf der gegen adriatische Luftströmungen offenen Luvseite, nach Fenaroli (S. 189 dieser Schrift), frei von Lärchen, obwohl diese Grenzkette "östlich vom Berge Bogatin" im Mittel noch 1800 m hoch ist. Dieselbe Gesetzmäßigkeit gilt von der lärchenfreien Vorarlberger Seite des Arlberges zum Unterschied vom Lärchengebiet der Tiroler Seite (Leeseite); sie gilt vom Allgäuer Hauptkamm, dessen Luvseite im Allgäu lärchenfrei ist, wogegen die Leeseite im Lechtal Lärchenbesiedlung erkennen läßt; demselben Gesetz begegnen wir im Wetterstein- und Karwendelgebirge (Unterschied zwischen der bayerischen Luv- und der Tiroler Leeseite). Auch der Gaisberg bei Salzburg und die dortigen Flyschvorberge, sowie jene des oberösterreichischen Salzkammergutes sind der Westluft gut zugänglich und (von Natur aus) frei von Lärchen. Eine ganz ähnliche Gesetzmäßigkeit zeigt sich in großem Ausmaß auch hinsichtlich der Hauptkämme der Alpen: Im Hinblick auf die vorherrschenden NW-Winde ist der Nordhang des Alpenhauptkammes die Luvseite, der Südhang die Leeseite. Wir finden z. B. im Gebiet der Zillertaler Alpen auf der Südseite, im Ahrntal, ein Höchstmaß, die Lärche häufig rein oder vorherrschend; dagegen auf der Nordseite, in der Forstverwaltung Mayrhofen (Zemmtal, Stilluptal, Zillergrund), bloß einen Lärchenanteil von durchschnittlich weniger als O.1l. Ähnlich ist auf der Südseite der Hohen Tauern in Osttirol und Kärnten die Häufigkeit der Lärche ganz auffallend größer als auf der Nordseite im Pinzgau Salzburgs; in den Niederen Tauern ist sie gleichfalls auf der Südseite im Lungau größer als auf den gegen das Ennstal abfallenden Nordhängen der Niederen Tauern. Die Karte der natürlichen Verbreitung läßt deutlich erkennen, daß die Gebiete südlich vom Alpenhauptkamm in bezug auf Verbreitung unserer Holzart allgemein begünstigt zu sein pflegen. Aus den Klimazahlen aber ergibt sich, daß südlich vom Alpenhauptkamm dem Einfluß der atlantischen NW-Winde betreffs der Wärmeschwankung eine gewisse Schranke gesetzt ist. In der Richtung vom Außenrande gegen die Innenlandschaften der Alpen ist auch bei gleicher Meereshöhe offenkundig eine Zunahme der Häufigkeit des Lärchenvorkommens nachweisbar. In dieser Richtung ist auch sonst eine grundlegende Änderung der Vegetation zugleich mit einer solchen des Klimas festzustellen. Beispiele: vom 1064 m hohen Pfänder bei Bregenz oder vom Bregenzer Wald gegen das Unter-Engadin (Martinsbruck, 1040 m); von der Gegend nördlich Reutte gegen Imst; von Murnau über Garmisch nach Telfs und in die Ötztaler Alpen; von den 1000 m hohen Flyschvorbergen zwischen Traunsee und Attersee zum 1020 m hohen Tamsweg im Lungau usw. In allen diesen Fällen kommt man aus Gegenden verhältnismäßig ausgeglichener Temperaturverhältnisse in solche großer Wärmeschwankungen (auch bei gleicher Seehöhe); zugleich aus buchen- und tannenreichem Gelände in buchenfreie Gebiete des Lärchenhöchstmaßes. In diesen Gebieten beträgt häufig der Anteil der Lärche im Durchschnitt ganzer Bezirke 0.3 bis 0.5 der Bestockung (der Fläche, oft auch der Masse nach), mitunter auch noch mehr. Der Weg aus dem einen in das andere Gelände führt durch Mischwälder von Buche, Fichte, Lärche.