Ertragstafeln und Durchforstung der Fichte : Rückblick auf die Ertragstafelforschung deutscher Versuchsanstalten und zugleich Stellungsnahme zu E. Assmanns Vortrag "Zur Fortentwicklung unserer Ertragstafeln" (in Nr. 50 u. 51/52 der AFZ 1962)
Zusammenfassend ist somit folgendes zu Entstehung, Eigenschaften und Bewährung der Fichten-Ertragstafeln von Wiedemann und Schwappach festzustellen: 1. Die Fichten-Ertragstafeln von Schwappach 1890 und 1902 sowie von Wiedemann 1936/42 sind auf der Grundlage des Wachstumsganges von Ertragsversuchsflächen entstanden, deren Bestandeserziehung - wie bei den meisten Versuchsanstalten - am Ende des 19. Jahrhunderts von sehr extensiver auf etwas stärkere, aber noch mäßige Durchforstung umgestellt wurde. 2. Diesem historischen Wandel der Bestandespflege enstprechend enthalten die älteren Ertragstafeln - auch für die gleiche Bezeichnung: "mäßige Durchforstung" - meist wesentlich höhere Bestockungsdichten und Kreisflächen als die neueren. Gegenüber seiner ältesten, noch ausgesprochenen Dichtstand repräsentierenden Fichten-Ertragstafel 1890 gibt daher auch Schwappach in seiner neuen Tafel von 1902 für mäßige Durchforstung - der inzwischen tatsächlich erfolgten intensiveren Durchforstung der eh. preußischen Versuchsflächen folgend - wesentlich geringere Kreisflächen an. Die Herabsetzung der Vorratshaltung der neueren Tafel von 1890 entspricht somit der tatsächlichen Versuchsflächenbehandlung und nicht theoretischen Konstruktionen nach der Bodenreinertragslehre, wie Assmann unterstellt. 3. Wiedemanns Tafel von 1936 konnte gegenüber der Schwappachschen von 1902 auf 30 Jahre längere Beobachtung der Versuchsflächen und damit auf eine sicherere Beurteilung ihres Zuwachses gegründet werden. Die in der Bestockungsdichte der Tafel Schwappach 1902 (m.D.) erzogenen Versuchsflächen zeigten dabei gegenüber dieser Tafel einen etwas abweichenden durchschnittlichen Wachstumsablauf, der Korrekturen durch Reduktion von Gesamtertrag und Durchforstungsansätzen notwendig machte. Der geringere Vornutzungsanteil der Tafel Wiedemanns am Gesamtertrag entspricht nun besser einer mäßigen Durchforstung im heutigen Sinn. 4. Die Angaben der Ertragstafeln von Schwappach 1890 und 1902 bis zu Wiedemann 1936/42 sind das Ergebnis sorgfältiger und objektiver Bearbeitung der tatsächlichen Zuwachsvorgänge in Dauerversuchsflächen auf der immer sichereren Grundlage stetig wachsender Beobachtungszeiträume und Versuchsflächenzahl. 5. Die Fichten-Ertragstafeln von Wiedemann sind in Praxis und Forsteinrichtung als Taxationsgrundlage vielfach bewährt und als geeignete Grundlage für die Einheitsbewertung im gesamten Bundesgebiet anerkannt. Ihre Weiterverwendung ist zu empfehlen. In Sondergebieten optimaler Wuchsbedingungen für die Fichte, wie z.B. im bayerischen Voralpengebiet, können nach Bedarf Korrekturfaktoren, etwa wie von Werner (27) vorgeschlagen, insbesondere für ein höheres Ertragsniveau verwendet werden. 6. Die schon von mancher Seite und neuerdings wieder von Assmann (2) als unerwünscht bezeichneten Standortstafeln können vielleicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Korrelation von Zuwachs und Einzelstandort erbringen. Die Allgemeinen Ertragstafeln als einheitlicher Maßstab für Taxation und Bewertung in größeren Gebieten werden sie aber nicht ersetzen können. Die großen Schwierigkeiten der Schaffung und Anwendung wirklich zutreffender Standortstafeln für die unendliche Vielfalt der Faktorenkominationen der Einzelstandorte dürfen jedoch trotz der Fortschritte der Standortskartierung nicht verkannt werden; denn wo liegen standörtlich und regional die Anwendungs- und Gültigkeitsgrenzen solcher Standortstafeln? Was ist für die praktische Taxationsaufgabe, die Forsteinrichtung oder gar die Einheitsbewertung gewonnen, wenn an die Stelle weniger Großgebietstafeln, der Vielfalt der Standorte entsprechend, eine Vielzahl von Standortstaflen träte, die einen Bonitierungs- und Bewertungswirrwarr zur Folge haben können?