Von Dezember 2020 bis Mai 2022 beschäftigte sich ein interdisziplinär zusammengesetztes Team der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL im Rahmen des Projektes «Klima-, Bestandes-, Nutzungs- und Landschaftsgeschichte in der Region Avers, Kt. GR» mit den Wäldern des Avers. Das durch die WSL und weitere Geldgeber geförderte Projekt umfasste Module zur Waldstrukturentwicklung, Jahrringforschung und Nutzungsgeschichte. Angeregt wurde das Projekt durch die Tatsache, dass in den Wäldern des Avers eine grosse Anzahl offensichtlich sehr alter Arven und Lärchen angetroffen werden kann. Der vorliegende WSL Bericht fasst die Ergebnisse der historischen Untersuchungen zur Waldentwicklung und der Nutzungsgeschichte zusammen. Neben einer umfassenden Literaturanalyse wurden Dokumente aus diversen Archiven ausgewertet, insbesondere Waldwirtschaftspläne und weitere forstliche Quellen, historische Fotografien und Luftbilder, statistische Angaben und Interviews mit lokalen Zeitzeugen. Die Waldnutzung des Avers widerspiegelt die geografische Situation, welche durch die Höhenlage und die relativ beschränkte Zugänglichkeit charakterisiert ist, und die Besiedlungsgeschichte. Während die nach Südwesten hin orientierte Flanke des Obertales bereits im Zuge der Besiedlung entwaldet wurde, standen die auf dem Gegenhang verbleibenden Wälder unter einem hohen und vielfältigen Nutzungsdruck. Durch die Fokussierung der Landwirtschaft auf Viehzucht waren die verbleibenden Wälder zudem über lange Zeit unter starkem Beweidungsdruck – in den höheren Lagen von den Alpen her, in den tieferen Lagen von den Heimweiden. In den resultierenden halboffenen Weidewäldern stocken heute die erwähnten alten Arven und Föhren. Unsere Untersuchungen zeigen, wie als Folge des zeitlich gestaffelten Rückgangs des
Weidedrucks auf die Wälder, diese rasch einwuchsen und ihren Charakter als erkennbare Weidewälder mit Ausnahme des «Cröterwaldes» weitgehend verloren haben. Während die schriftlichen Dokumente und Interviewaussagen Einblicke in die vielfältige Waldnutzung und ihre Veränderung geben, erlauben Luftbilder und Waldwirtschaftspläne
die flächendeckende Untersuchung der Veränderung in der Waldstruktur. Der Vergleich historischer und heutiger Fotografien vom gleichen Standort aus (Fotowiederholung) illustriert diesen Waldstrukturwandel für ausgewählte Standorte.