Nach einem schneereichen Winter mit ausserordentlicher Lawinensituation im Vorjahr sorgte der Winter 2021/22 für Rekordwerte in die entgegengesetzte Richtung: warm, insbesondere im Süden eher schneearm, und damit kurz. So aperte das Versuchsfeld Weissfluhjoch einen Monat früher als üblich aus, bereits am 3. Juni. Somit ist auf Weissfluhjoch der Winter 2021/22 derjenige mit der kürzesten Schneebedeckung (216 Tage) seit Messbeginn 1936. Am meisten Lawinen ereigneten sich in der ersten Februarwoche. Nach einem milden und trockenen Januar schneite es vom 31. Januar bis 3. Februar ergiebig, so dass die Lawinengefahr markant bis auf die Stufe 4 (gross) anstieg. Aufgrund der schwachen Altschneedecke vor dem Schneefall war die Situation im alpinen Schneesportgelände sehr gefährlich. In den 12 Tagen nach Niederschlagsende kam es denn auch zu vielen Lawinenauslösungen durch Personen, wobei 8 Todesopfer zu beklagen waren. Dies ist mehr als die Hälfte aller Lawinenopfer des Winters. Diese Bilanz ist bedauerlich und es stellt sich die Frage, wie wirksam die Warnungen waren. Die Frage lässt sich nicht beantworten. Es liegt in der Natur der Prävention, dass sie sich in der Realität nicht messen lässt: Verhinderte Unfälle lassen sich nicht zählen. Somit wissen wir auch nicht, wie viel schlimmer es ohne Lawinenbulletin gekommen wäre. Insgesamt sind im hydrologischen Jahr 2021/22 14 Personen bei Lawinenunfällen verstorben, also deutlich weniger als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Der Mittelwert hat auf 21 Todesopfer abgenommen, nachdem er vor 20 Jahren noch bei 26 Opfern lag, ein trotz allem erfreulicher Trend. Der vorliegenden Winterbericht fasst die Wetter-, Schnee- und Lawinensituation zusammen und enthält die Unfallstatistik des hydrologischen Jahres 2021/22. Damit ergänzt er die vielen auf slf.ch in den Rubriken «Wochenbericht» und «Lawinenunfälle» laufend verfügbaren Informationen. Im Kapitel 3 «Lawinen mit Personen- und Sachschäden » werden ausgewählte Unfälle im Detail beschrieben. Neben der Schilderung des Sachverhaltes werden besonders lehr- und aufschlussreiche Punkte hervorgehoben. Die Bemerkungen sind so zurückhaltend und respektvoll wie möglich verfasst worden. Schuldzuweisungen wären hier fehl am Platz. Lawinenunfälle sind selten das Resultat eines offensichtlichen Fehlers, sondern hängen oft mit den Unsicherheiten zusammen, die eine Einschätzung der lokalen Lawinengefahr in sich
birgt.