Dieses Handbuch entstand im Rahmen des Projektes ALPTREES (Code ASP791), das von der Europäischen Kommission im Rahmen des INTERREG Alpine Space Förderprogramm kofinanziert wird. Das INTERREG Alpine Space Programm ist
ein europäisches transnationales Kooperationsprogramm für den Alpenraum, das ein Netzwerk zur Erleichterung der Kooperation zwischen den Hauptakteuren aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Umwelt und den unterschiedlichen institutionellen Ebenen in sieben Alpenländern darstellt. Das Programm wird aus dem Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) finanziert und aus nationalen und privaten Mitteln in den Partnerländern kofinanziert. Die Robinie (Robinia pseudoacacia) ist ein schnellwüchsiger Baum aus Nord-Amerika, der neben dem Abendländischen
Lebensbaum (Thuja occidentalis), einer der ersten gebietsfremden Baumarten ist, der vor mehr als 400 Jahren in Europa
eingeführt wurde. Aus diesem Grunde klassifizieren wir sie als eine in Europa nichtheimische Baumart. Genauer gesagt,
stufen wir die Robinie aufgrund ihrer Eigenschaften als eine invasive nichtheimische Baumart ein. Der Abendländische
Lebensbaum hingegen hat keine derart invasive Charakteristik entwickelt und wird daher nur als nichtheimische Baumart
bezeichnet. Das Vorkommen verschiedener derartiger (invasiver) nichtheimischer Baumarten in Europa ist seit ihrer Einführung ein Faktum, und der Alpenraum stellt dabei keine Ausnahme dar. Laut Schätzungen bestehen die europäischen Wälder im Schnitt zu etwa 4 % aus nichtheimischen Bäumen. Die meisten dieser nichtheimischen Baumarten wurden mit Absicht in unsere Region gebracht. Sie wurden im Wald und in der Stadt aufgrund ihrer unterschiedlichen positiven Charakteristika gefördert: Manche bringen höhere Erträge oder liefern höherwertiges
Holz, sind eine besondere ästhetische Erscheinung oder haben ein stärkeres Wurzelsystem, etc. Nur wenige nichtheimische Baumarten kamen unabsichtlich und spontan in den Alpenraum. Viele Arten drangen irgendwann in den Alpenraum ein, haben sich aber großteils nicht eingebürgert und sind daher nicht etabliert. Im Laufe des ALPTREES Projektes konnten wir mehr als 530 nichtheimische Baumarten in Wäldern und in städtischen Bereichen des Alpenraumes identifizieren. Der Großteil dieser nichtheimischen Arten findet sich ausschließlich in Städten und erbringt Ökosystemleistungen, die mit dem Wald nichts zu tun haben. Die klimatischen Bedingungen haben sich seit den ersten
Versuchen, nichtheimische Baumarten in unseren Wäldern und Städten einzubürgern und zu fördern, verändert. Hinzu
kommt noch, dass sich dieser klimatische Wandel im Alpenraum schneller vollzieht als in anderen Regionen, was ihn
besonders empfindlich macht. Der Klimawandel hat aber auch die Eigenschaften bestimmter, bereits etablierter nichtheimischer Baumarten dahingehend verändert, dass manche von ihnen erst unter den neuen veränderten Klimabedingungen konkurrenzstärker und invasiv geworden sind, besonders dort wo heimische Baumarten in ihren natürlichen Waldhabitaten aufgrund des Klimawandels nicht mehr optimal gedeihen können. Die Forschung weist darauf hin, dass bestimmte nichtheimische Baumarten möglicherweise besser an geänderte klimatische Verhältnisse angepasst sind, und wir deshalb ihr Vorkommen an bestimmten Standorten überdenken müssen. Es wird erwartet, dass zukünftige klimatische Bedingungen und steigende CO2-Konzentrationen Standorteignung, Produktivität, Artzusammensetzung und Biodiversität sowohl direkt als auch indirekt beeinträchtigen. Unabhängig davon, ob wir nichtheimische Baumarten als Bedrohung oder Chance wahrnehmen, müssen sie systematisch gemanagt werden, was speziell für jene Arten gilt, die in unseren Breiten bereits eingebürgert und präsent sind. Obwohl nichtheimische Baumarten sicherlich eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Assoziationen und Emotionen in der Bevölkerung hervorrufen, könnte die sorgfältige Integration von erprobten und geeigneten nichtheimischen Baumarten in zukünftige Forstmanagementstrategien
ein großes Potential für die Anpassung an den Klimawandel und die Abmilderung seiner Folgen haben. In derart kritischen und empfindlichen Ökosystemen wie dem Alpenraum müssen potentielle Risiken und Nutzen besonders gründlich gegeneinander abgewogen werden, bevor Managemententscheidungen getroffen werden. Darüber hinaus umfasst die Definition von nichtheimischen Baumarten hunderte verschiedene Arten mit unterschiedlichen
Merkmalen, Formen, ökologischen Nischen oder Invasivitätsstufen, etc. - oft sogar innerhalb einer einzigen Art. Aus
diesem Grunde müssen wir vorsichtig sein, wenn wir allgemein über die gesamte Kategorie der nichtheimischen Baumarten reden. Ihre Verwendung sollte immer von Fall-zu-Fall, standortspezifisch und zielabhängig betrachtet werden.