Der Schutzwald als sogenannte „grüne Infrastruktur“ dient dem Schutz des Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraumes in Österreich. Er ist ein wesentlicher Teil eines integralen Naturgefahrenmanagements. Auf steilen, oft unzugänglichen
alpinen Lagen verhindert oder mindert er Naturgefahrenprozesse wie Muren, Lawinen, Steinschlag und Rutschungen. Zusätzlich dämpft der Wald Hochwasserspitzen und kann vor allem im Osten des Landes den Boden vor Winderosion schützen. Um diese vielfältigen Schutzwirkungen auch optimal erfüllen zu können, bedarf es neben einer konsequenten Verjüngungsstrategie auch sehr häufig gezielter Pflege- und Nutzungseingriffe. Ebenso wichtig ist der Schutz des Schutzwaldes vor biotischen und abiotischen Schadensrisiken, wie Sturm, Schneedruck, Trockenheit, Waldbrand, Borkenkäfern oder hohen Schalenwildständen. Das Thema Schutzwald ist geprägt durch seine vielfältigen Verknüpfungen zu anderen Themen, die eine integrale Betrachtungsweise bedingen. Das von der Bundesregierung 2019 initiierte Aktionsprogramm „Wald schützt uns!“ beinhaltet daher nicht nur konkrete Meilensteine und Projekte, auch das Thema Forschung ist zentral im Leuchtturm „Schutzwald beobachten und erforschen“ enthalten. Erst das Aufzeigen von Forschungslücken, das Feststellen von Problemen und Herausforderungen in vielen verschiedenen Thematiken und daraus abgeleitet der zukünftige Forschungs- und Entwicklungsbedarf kann zur nachhaltigen Verbesserung des Schutzwaldes in Österreich beitragen. Im vorliegenden Bericht „Schutzwald in Öster reich – Wissensstand und Forschungsbedarf” haben 65 Wissenschaftler*innen aus verschiedenen österreichischen Forschungsinstitutionen ihre Fach - kompetenz eingebracht. Der Bericht erläutert den aktuellen Wissensstand, beschreibt Wissens - defizite und definiert den künftigen Forschungsbedarf für Österreichs Schutzwälder in insgesamt achtzehn Themenbereichen, unterteilt in Grundlagen, Ökologie, Bewirtschaftung, Klima - wandel sowie gesellschaftsrelevante Aspekte. Im abschließenden Kapitel werden wesentliche internationale Rahmen bedingungen, die den Schutzwald betreffen, behandelt. Österreich ist untrennbar mit dem Landschaftsbild temperierter Wälder verbunden. Sie sind Grundlage für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Wohlstand, verbessern die Lebensqualität und bieten Schutz vor abtragenden Kräften der Natur. Wenn Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden, erbringen sie viele gesellschaftsrelevante Leistungen wie Bodenschutz, Schutz vor Naturgefahren, erneuerbare Rohstoff- und Energiequelle, Schaffung von Arbeitsplätzen, Klima schutz, Erhaltung von Ökosystemen und damit den Erhalt der alpinen Landschaft. Wälder beeinflussen daher zu einem erheblichen Teil auch die kulturelle Identität Österreichs. Der vorliegende Bericht betrachtet den Wald als prägendes Element der alpinen Landschaft, der einen natürlichen Schutz vor Naturgefahren bietet. Diese Bergwälder unterliegen seit Jahrtausenden, besonders intensiv aber seit dem ausgehenden Mittelalter, einer vielfältigen Beanspruchung und Nutzung (z.B. Waldweide, Streunutzung, Schneitelung, temporärer Ackerbau, intensive Holznutzung für Bergbau). Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden intensive Nutzung und Rodung im Gebirge von französischen Wissenschaftlern als Ursachen großer Überschwemmungen „im Unterland“ erkannt. Bald schon wurde diese Erkenntnis generalisiert und auf den ganzen Alpenraum übertragen. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Alpenregion im Umgang mit Schutzwäldern historisch führend und Bewirtschaftungstechniken können als Teil des europäischen Kulturguts betrachtet werden. Schutzwälder leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Menschenleben, Infrastruktur und Ressourcen vor katastrophalen Ereignissen - verursacht durch Gefahrenprozesse wie Hochwasser, Murgänge, Schneelawinen oder Steinschlag. So sind in Österreich sowie Südtirol ca. 30 % der Waldfläche und in der Schweiz um die 40 % der Waldfläche als Wälder ausgewiesen, deren primäre Funktion die Ver hinderung dieser Naturgefahrenprozesse ist. In the present report "Protective Forests in Austria - State of Knowledge and Research Needs", 65 scientists from various Austrian research institutions have contributed their expertise. The report explains the current state of knowledge, describes knowledge deficits, and defines the future research needs for Austria's protective forests in a total of eighteen topical areas, divided into fundamentals, ecology, management, climate change, and socially relevant aspects. The final chapter deals with international framework conditions that affect the protective forest. Austria is inextricably linked with the landscape of temperate forests. They are the basis for economic independence and prosperity, improve the quality of life, and offer protection from the abrasive forces of nature. If forests are managed sustainably, they fulfil many socially relevant functions such as soil protection, protection from natural hazards, renewable raw materials and energy sources, job creation, climate protection, preservation of ecosystems and thus the preservation of the alpine landscape. Forests therefore also have a significant influence on Austria's cultural identity. The present report regards the forest as a defining element of the alpine landscape, which offers natural protection against natural hazards. For thousands of years, the mountain forests have been subject to a variety of demands and uses (forest pasture, litter use, snowfall, temporary arable farming, intensive use of wood for mining, etc.), which became particularly intense at the end of the Middle Ages. It was not until the end of the 18th century that French scientists recognized intensive use and clearing in the mountains as the cause of major floods “in the lowlands”. This knowledge was soon generalized and applied to the entire Alpine region. Historically, the Alpine region has been leading in dealing with protective forests since the 19th century. Management techniques can be seen as part of the European cultural heritage. Protective forests make an important contribution to protecting human life, infrastructure, and resources from catastrophic events - caused by natural hazards such as floods, debris flows, snow avalanches or rockfall. In Austria and South Tyrol, around 30% - and in Switzerland around 40% - of the forest area are designated as forests that have the primary function to prevent these natural hazard processes.