Rehwildberbiss in Naturverjuengungen ist Teil eines vielschichtigen Wirkungsgefueges zwischen Wild, Wald und menschlichen Einfluessen. Die Komplexitaet dieser Wechselbeziehung, sowie verschiedene menschliche Interessen erschweren die objektive Beurteilung einer Verbissbelastung. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass sich die Auswirkungen von Rehwildverbiss erst nach Jahren oder Jahrzehnten aufzeigen lassen. Aufbauend auf einer breit angelegten Langzeituntersuchung konten wichtige Zusammenhaenge geprueft und eine Methode zur waldbaulichen Beurteilung einer Verbissbelastung entwickelt werden. Als geeignetes Verfahren hat sich dabei die systematische Anlage von Kontrollzaeunen und ungezaeunten Vergleichsflaechen erwiesen. Dabei wurden die Auswirkungen von Rehwildverbiss auf die Pflanzen von Naturverjuengungen unter Verwendung der folgenden Kriterien untersucht: Verbissprozent, Pflanzendichte, Baumartenzusammensetzung, Hoehenstruktur und Gefaehrdungszeitraum. Die Auswertung der Zeitreihen von 1976 bis 1993 erbrachte im Rahmen der Naturverjuengungsanalyse die folgenden Ergebnisse: 1. Es entwickelte sich auf allen Stichprobenflaechen (innerhalb und ausserhalb der Kleinzaeune) eine Waldverjuengung mit im Vergleich zu Anbauten sehr hohen Pflanzenzahlen. Dadurch ist ein grosses Auslesepotential gegeben. 2. Auf allen ungezäunten Flaechen der Versuchsanlagen konnte Rehwildverbiss nachgewiesen werden. Als die am staerksten verbissene Baumart stellte sich dabei im Fichten-Tannen- Bestand die Tanne heraus. In den Buchen-Mischbestaenden wurden besonders Esche und Ahorn verbissen. 3. Die Zeitreihen der Verbissintensitaet zeigten enorme jaehrliche Schwankungen, mit einer Spannweite von bis zu 60% innerhalb von 3-Jahres-Abschnitten. Diese Schwankungen verdeutlichen die Gefahr einer Fehleinschaetzung der Verbissbelastung bei einmaligen Ansprachen. 4. Da eine enge Beziehung zwischen Gesamttriebverbiss und Terminaltriebverbiss nachgewiesen werden konnte, ist fuer die meisten Verbissinventuren das baumartenspezifische Terminaltriebverbissprozent als Kenngroesse fuer die Verbissintensitaet ausreichend. 5. Es zeigte sich nur in Ausnahmefaellen ein Einfluss des Rehwildes auf die Pflanzendichte. Der Wildverbiss fuehrte bei den aufgenommenen Pflanzen (>10cm Hoehe) zu keinem nachweisbaren Totverbiss. Verbissene Baeume blieben dem Kollektiv erhalten. 6. Die Baumartenzusammensetzung der Naturverjuengungs-Oberschicht entwickelte sich innerhalb und ausserhalb der Zaeune sehr unterschiedlich. Auf den ungezaeunten Flaechen waren im Gegensaetze zu den Zaunflaechen die verbissgefaehrdeten Baumarten geringer oder in vielen Faellen nicht mehr vertreten. Diese Baumarten werden durch Verbiss aus der Oberschicht in die Unter- und Mittelschicht der Naturverjuengung abgedraengt. 7. Die durch Rehwildverbiss reduzierte Hoehenentwicklung beeinflusst die Hoehenrelationen der beteiligten Baumarten stark. Die nicht durch Verbiss beeintraechtigten Baumarten, insbesondere die Fichte, ueberwachsen die stark verbissenen Baumarten. 8. Mehrfacher Verbiss fuehrt dabei zu einem reduzierten Zuwachs und folglich zu einer Verlaengerung des Gefaehrdungszeitraumes. Dies konnte vor allem bei der Tanne nachgewiesen werden, die aufgrund einer langsamen Hoehenentwicklung auch ohne Verbiss eine lange Zeit benoetigt, um die Verbissgrenze zu erreichen. Geringe Verbissintensitaeten reichen in diesem Fall aus, um die Hoehenentwicklung der Tanne extrem zu beeintraechtigen. Bei schnell wachsenden Baumarten, wie Esche und Ahorn, koennen nur hoehere Verbissintensitaeten den Gefaehrdungszeitraum deutlich verlaengern. Die Untersuchung des Einflusses verschiedener Faktoren auf die Verbissbelastung erbrachte folgende Ergebnisse: 1. Es konnte kein kirekter Zusammenhang zwischen der jaehrlich gemeldeten Vorjahresjagdstrecke und der Verbissintensitaet nachgewiesen werden. Die Veraenderungen der Abschusshoehe waren so gering, dass sie vermutlich die Wilddichte im Bereich der Versuchsanlagen und so...