"Nachhaltigkeit" und "Nachhaltige Entwicklung" sind zwei Begriffe, welche seit der Konferenz von Rio weite Verbreitung in der Umweltdiskussion gefunden haben. Gegenwärtig sind viele Staaten daran, nationale Strategien einer nachhaltigen Entwicklung von Mensch und Umwelt zu definieren. Nach wie vor sind jedoch zahlreiche Fragen ungelöst, so insbesondere in konzeptioneller und methodischer Hinsicht: Nachhaltigkeit bezogen worauf? Nachhaltigkeit für wen? Nachhaltigkeit mit welchen Mitteln? Gerade weil der Begriff sehr umfassend verstanden wird, besteht die Gefahr, dass das Schlagwort "Nachhaltigkeit" zur Leerformel verkommt, wenn es nicht mit griffigem Inhalt gefüllt wird. In der Forstwirtschaft bestehen langjährige Erfahrungen mit der Anwendung und Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens. Diese Erfahrungen gilt es zu nutzen. Gleichzeitig treten in den Übereinkommen von Rio und in den Deklarationen der Nachfolgekonferenzen verschiedene neue Aspekte auf, welche die Forstwirtschaft direkt und stark betreffen. Es gilt, die gängigen Modelle zur Überwachung und Kontrolle der nachhaltigen Waldentwicklung zu überprüfen und anzupassen. Das zentrale Anliegen der Arbeit wird im ersten Kapitel wie folgt umschrieben: Der Nachhaltigkeitsgedanken soll als Teil der forstlichen Planung im Hinblick auf die Sicherung einer nachhaltigen Waldentwicklung in der Schweiz operationalisiert werden. Ausgehend von der bisherigen Bedeutung und Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips in der Forstwirtschaft sowie aufgrund der aktuellen Diskussionen zum "Sustainable Development" soll gezeigt werden, wie die nachhaltige Entwicklung des Waldes überwacht werden kann und welchen Beitrag die forstliche Planung als Grundlage nachhaltiger Waldbewirtschaftung leistet. Zu Beginn des zweiten Kapitels werden die Ursprünge des Prinzips, die Entstehung des Begriffs und die Wandlung des Nachhaltigkeitsverständnisses in der Forstwirtschaft erörtert. Die verschiedenen forstlichen Umsetzungsinstrumente werden beschrieben, und die Bedeutung der Forsteinrichtung als Instrument zur Nachhaltigkeitskontrolle wird diskutiert. Als Ergänzung zur forstlichen Betrachtungsweise werden sodann die Überlegungen aus der aktuellen Diskussion zum "Sustainable Development" eingebracht Daraus werden Definitionen für Nachhaltigkeit, Nachhaltige Entwicklung, Nachhaltige Bewirtschaftung und Nachhaltige Nutzung abgeleitet. Ein zentraler Punkt bei der Operationalisierung der Nachhaltigkeit ist die Frage der Abgrenzung. Worauf bezieht sich die Nachhaltigkeit? Was soll sich nachhaltig entwickeln? Der gewählte Lösungsansatz basiert auf systemtheoretischen Modellen. Das dritte Kapitel vermittelt einen Einstieg in die notwendigen systemtheoretischen Grundlagen. Am Beispiel der "nachhaltigen Holzproduktion" wird das wirkungsorientierte Systemmodell erläutert. Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse der Begriffsbestimmung und der systemtheortetischen Modellierung verknüpft. Ausgangspunkt bildet die Definition eines nachhaltigen Systems, in welchem Mensch und Ressource im Zentrum und Ressourcenpotential und Ressourcenbeanspruchung im Fliessgleichgewicht stehen. Als Kerneigenschaften nachhaltiger Systeme werden Persistenz, Dynamik und Resilienz genannt. Die Beanspruchung von Ressourcen durch den Menschen ist in einem nachhaltigen System derart, dass die "ökologischen Limiten" (Tragfähigkeit oder Carrying Capacity) nicht überschritten werden. Am Beispiel der Waldbewirtschaftung werden Voraussetzungen eines nachhaltigen Systems "Wald - Mensch" diskutiert. In diesem Modell wird der Mensch als Bestandteil des Systems, welches es nachhaltig zu gestalten gilt, betrachtet. Dabei dient die Waldbewirtschaftung der Steuerung der Beanspruchung der Ressource Wald. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit der Mensch Entwicklungen im Sinne der Nachhaltigkeit beeinflussen kann, respektive wie Lenkung in nachhaltigen Systemen zustande kommt. Das fünfte Kapitel geht dieser Frage nach. Lenkung wird interpretiert als "Eigenschaft des Systems", das heisst, Lenkung findet im System selbst statt. Einerseits basiert Lenkung auf Regelkreisen, welche im ganzen System verteilt sind, andererseits stützt sie sich auf aktive Steuerung und Beeinflussung einzelner Systemteile. Die Waldbewirtschaftung stellt ein Beispiel einer derartigen aktiven Steuerung dar. Eine nachhaltige Bewirtschaftung trachtet danach, den Wald so zu beeinflussen, dass sich Wald (Ressource) und Mensch (Ressourcennutzung) nachhaltig entwickeln können. Damit die Eingriffe sich innerhalb der ökologischen Grenzen bewegen, damit die Ressource in einer Art und Weise beansprucht wird, welche das Potential langfristig erhält oder verbessert, bedarf es gewisser Rahmenwerte. In der vorliegenden Arbeit werden die entsprechenden Vorschriften mit Nachhaltigkeitsstandards bezeichnet; Nachhaltigkeitsstandards legen die Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Entwicklung normativ fest. Es wird vorgeschlagen, diese in einem politisch und gesellschaftlich breit abgestützten Prozess zu verankern. Dieser Prozess beinhaltet sieben Schritte: Zuerst soll die Sinnfrage gestellt werden, welche an das übergeordnete Ziel erinnert und den Bezug zu den Nachhaltigkeitspostulaten sicherstellt; im zweiten Schritt werden die Systemgrenzen in zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Hinsicht bezeichnet; dann werden die zentralen Leitthemen bestimmt, welche im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung zu operationalisieren sind; als nächstes kann ein Modell hergeleitet werden, welches wenigstens für die formulierten Leitthemen die Indikatoren festhält; im fünften Schritt werden Modell und System verglichen; sodann erfolgt die normative Festlegung der Zielvorgaben (Nachhaltigkeitsstandards), und schliesslich kommt es (7. Schritt) zur Realisierung der Massnahmen und Kontrolle. Im sechsten Kapitel wird der zuvor beschriebene Prozess in das Konzept der forstlichen Planung integriert. Es wird vorgeschlagen, die Herleitung und politische Verankerung der Nachhaltigkeitsstandards in der überbetrieblichen Waldentwicklungsplanung vorzunehmen. In diesem Planungsprozess können die jeweiligen Leitthemen und Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung problemspezifisch sowie unter Mitwirkung der Betroffenen bestimmt werden. Die Analyse der Waldfunktionen stellt hierbei eine bedeutende Entscheidungsgrundlage dar, indem das Verhältnis zwischen menschlichen Ansprüchen an den Wald und den Möglichkeiten und Grenzen des Waldes, diese Ansprüche langfristig zu erfüllen, geklärt wird. Die Nachhaltigkeitsstandards dienen einerseits der aktiven Steuerung der Waldbeanspruchung - beispielsweise durch die Festlegung von Grenzwerten bezüglich der Holznutzung oder der Bezeichnung von Rahmenwerten für die Waldrandpflege - und andererseits der Überwachung der Waldentwicklung (Monitoring) - so etwa durch Festhalten von Grenzwerten bezüglich der Produktivität, der Bestandesstabilität (Schutz vor Naturgefahren) oder der Artenvielfalt. Aus der Literatur sind zu den verschiedenen Leitthemen zahlreiche Beispiele und Hinweise für Indikatoren zusammengetragen. Anhand von zwei Beispielen wird gezeigt, wie die Umsetzung und Kontrolle in der Praxis erfolgen könnte. Das siebte und letzte Kapitel enthält die abschliessende Schlussbetrachtungen sowie einen Ausblick. Die Kantone sind zur Zeit an der Überarbeitung der forstlichen Planungskonzepte. Damit bietet sich die Gelegenheit, die Frage nach Inhalt und Ziel einer zeitgemässen forstlichen Nachhaltigkeit neu zu stellen.