- Standardsignatur5235
- TitelGenetik der Weißtanne: Ein- oder Vielfalt?
- Verfasser
- ErscheinungsortFreiburg im Breisgau
- Verlag
- Erscheinungsjahr2015
- SeitenS. 85-100
- MaterialArtikel aus einer ZeitschriftUnselbständiges Werk
- Datensatznummer200199688
- Quelle
- AbstractDer Schwerpunkt der Artenvielfalt bei den europäischen und mediterranen Tannen (Gattung Abies) befindet sich im Süden. In Mitteleuropa ist die Gattung nur durch die Weißtanne (Abies alba Mill.) vertreten, die allerdings das größte Areal im Vergleich zu den anderen Arten aufweist. Molekulargenetische Studien zeigten, dass die genetische Variation der Weißtanne in Europa stark von der nacheiszeitlichen Geschichte geprägt ist. Die Besiedlung Mitteleuropas ging von zwei Refugien aus, Balkan und Apenninen. Weißtannenpopulationen in zwei weiteren Refugialgebieten, den Pyrenäen und Kalabrien, blieben während des Holozäns räumlich und genetisch isoliert. Wo sich verschiedene Rückwanderungswege trafen, bildeten sich Introgressionszonen (Übergangszonen zwischen verschiedenen Genpools) und Diversitätsgradienten. Genetisch verarmte Populationen kommen vor allem am Nordrand des Areals vor, während besonders diverse Populationen in den Karpaten und in den Refugialgebieten mit Ausnahme der Pyrenäen anzutreffen sind. Die Tatsache, dass das aktuelle Muster der genetischen Diversität immer noch die nacheiszeitliche Rückwanderung widerspiegelt, spricht für die Autochthonie der großen Mehrheit der Bestände. Der Genfluss zwischen Populationen war nicht ausreichend, um die Spuren dieser Migration zu verwischen. Menschenbedingter Saatguttransfer scheint eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Des Weiteren weisen Erkenntnisse aus der Herkunftsforschung auf eine hohe räumliche Variation adaptiver und wachstumsrelevanter Merkmale hin. So zeichnen sich z. B. Herkünfte aus den Karpaten durch ihr gutes Wachstum und hohe Vitalität in vielen mitteleuropäischen Feldversuchen aus. Hingegen verzeichneten Herkünfte vom äußeren Südrand der Verbreitung relativ hohe Verluste durch Frostschäden, trotz z.T. guten Wachstums. Besonders interessant sind Weißtannenpopulationen von trockenen, subkontinentalen Standorten der Innenalpen. Sie weisen sowohl eine Anpassung an Trockenheit als auch ein gutes Wachstum in mitteleuropäischen Herkunftsversuchen (nördlich der Alpen) auf. Die Herkunftsforschung stellt für die waldwirtschaftliche Praxis eine wichtige Entscheidungshilfe dar, da sie für zahlreiche Herkünfte wertvolle Informationen über das Wuchs- und Anpassungsverhalten liefert. Gleichzeitig stellt die genetische Vielfalt die Grundlage für die zukünftige Anpassung dar. Ihre Erhaltung ist von äußerster Wichtigkeit. Deshalb ist es vor allem bei der räumlich sehr diversen Weißtanne ebenso wichtig, Erkenntnisse molekulargenetischer Studien in der Praxis zu berücksichtigen.
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