In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, mehrere Wildbacheinzugsgebiete in bezug auf ihre Geschiebeherdbildung zu erfassen. Anlaß hierzu waren die katastrophalen Niederschläge innerhalb von 14 Monaten der Jahre 1965 und 1966 in den Südenalpen. Von diesen Ereignissen waren im österreichischen Südalpenraum besonders Osttirol und Oberkärnten (Mölltal, Lesachtal, Oberes Drautal) betroffen. 1. Die Analyse der Anbruchsbildung muß sich auf mehrere Faktoren stützen, von denen insbesondere Art und Stärke der Niederschläge, die Substrateigenschaften (Fest- und Lockergesteinsausbildung), großräumige Strukturen, die Morphologie und die Pflanzendecke zu erwähnen sind. 2. Durch die Substrateigenschaften, Größe und Art der Niederschläge ist die Disposition zu einer bestimmten Anbruchsbildung schon weitgehend gegeben. Besonders auffällig zeigen diese Zusammenhänge hochteilsbewegliche kirstalline Schiefer, die zusammen mit glazialen Sedimenten im Bereich der Südalpen bei Elementarereignissen die stärksten Geschiebelieferanten und Anbruchsbildner sind (vgl. z.B. Gradenbach/Mölltal, Eggenbach/Lesachtal, Mattlingbach/Lesachtal). Eine speziell auf die Anbruchsbildung bezogene detaillierte petrographisch-geotechnische Festgesteinsbeschreibung liefert eerste Anhaltspunkte über die Disposition zur Anbruchsneigung. Hinweise lassen sich aus den petrographisch-lithologischen Kennzeichnungen wie Mineralinhalt, Struktur, Textur, Lagerung im m-Bereich und technischer Gebirgsfazies gewinnen. 3. Bei der Beurteilung der zu erwartenden Massenbewegungen sind Ausbildung, Art und Mächtigkeit der Lockergesteine zu prüfen. Die geologischen Bildungsbedingungen liefern zur Kennzeichnung der Anfälligkeit und des Ausmaßes der Anbruchsbildung erste Hinweise. Für eine Einteilung wurden die geologischen Begriffe beibehalten, da hierdurch in den meisten Fällen typische Kornassoziationen durch bestimmte Bildungsbedingungen ausreichend definiert sind. Die Großeinteilung umfaßt die Gruppen: autochthone Lockergesteine ("entfestigte Festgesteine", Verwitterungsschutt) und allochthone Lockergesteine (Kiese, Sande usw.). Zur Beurteilung näheren quantiativen Kennzeichnung wurden bodenmechanische Kennziffern herangezogen. 4. Die Untersuchung großräumiger Lagerungsformen und -beziehungen der anfälligen Gesteine bringt weitere Hinweise auf die Größe und Form der Anbrüche. Besonders muß hier ein Augenmerk auf die Raumstellung der anbruchsgefährdeten Gesteinsschichten in bezug auf den jeweiligen Hangverlauf und auf die jeweilige Hangneigung gerichtet werden. 5. Die Zahl der bei Elementarereignissen entstandenen Anbruchsflächen, besonders in der Kategorie bis 200 m2, ist auf Freilandböden größer. Dagegen ergibt sich eine wesentlich größere Gesamtanbruchsfläche in Waldgebieten. Es ist festzustellen, daß die Vegetation bei solchen Elementarereignissen (intensiver Landregen mit Tagessummen von über 150 mm) nur modifizierend wirkt, und daß in weit größerem Maße Form und Stärke der Niederschläge, Fest- und Lockergesteinsausbildung, großräumige Lagerungsverhältnisse und Morphologie für Form und Ausmaß der Anbruchsbildung verantwortlich sind. 6. Morphologische Untersuchungen können einen wesentlichen Beitrag über den Ausgangspunkt und das Ausmaß der Anbruchsbildung leisten. Bei Elementarereignissen ist eine verstärkte Anbruchsbildung stets an eine Mindestneigung von 15° bis 20° gebunden. Auch die anfälligsten Gesteine, wie der Verwitterungsschutt kirstalliner Schiefer oder schluffige Sande und Kiese der glazialen Sedimente, sind unterhalb dieser Böschungsneigung bei den angeführten exzessiven Niederschlägen stabil. Für den Bereich des mittleren Lesachtales ergibt sich eine maximale Rutschgefährdung ab etwa 25° bis kanpp 40° Hangneigung. Aus einer detaillierten Untersuchung der morphologischen Gliederung (Terrassen, Mulden usw.) können weitere Aussagen entnommen werden. So müssen besonders die Terrassenkanten an Hängen, die von kristallinen Schiefern aufgebaut werden, als Ausgangspunkt zahlreicher, wenn auch räumlich beschränkter Massenbewegungen angesehen werden. 7. Bei der Klassifikation der Anbruchs- und Geschiebeherdbildung wurden sowohl Form als auch Vorgang berücksichtigt. 8. Die detaillierte Auswertung obengenannter Faktoren wurde zur Einschätzung des Erosionspotentials und für eine Hang-Stabilitäts-Klassifikation der untersuchten Einzugsgebiete verwendet. Diese Untersuchungsergebnisse wurden auch kartenmäßig dargestellt.
424.1 (Erosion und Ablagerung. Erdrutsche usw.) 116.24 (Einfluß von Bodenfaktoren und geologischer Formation) 116.5 (Erosion entlang von Wegen, Straßen, Eisenbahnen und Kanälen) 116.6 (Allgemeine Darstellungen über Erosion und Schutzmaßnahmen gegen Erosion) [436.2] (Kärnten)