In der vorliegenden Arbeit werden die wichtigsten der jetzt schon faßbaren "Erfahrungen" zusammengetragen. Die Arbeiten am Aufforstungsprojekt "Vorderes Zillertal" laufen bis zum Abschluß des Manuskriptes seit acht Jahren. In dieser Zeit sind im Projektgebiet fast 1.4 Millionen Pflanzen gesetzt worden und zwar 477.000 Lärchen, 331.000 Zirben, 315.000 Fichten und 250.000 Ebereschen. Für einwandfreie Ausfallsprozent- und Zuwachserhebungen ist dieser Zeitraum in Höhenlagen zwischen 1600 und 2000 Metern jedoch noch zu kurz. Besonders dann, wenn es um eine Ursachenerhebung geht. Wohl aber können jetzt schon brauchbare Aussagen über arbeitstechnische und organisatorische Probleme im Zusammenhang mit den Hochlagenaufforstungen gemacht werden. Die Wichtigkeit einer Regelung der Besitzverhältnisse (die Almen sollen im Besitz der darunterliegenden Bauern oder Gemeinden sein) und einer Trennung von Wald und Weide wird besonders betont. Auch die Zusammenlegung kleiner Wald- und Weideparzellen in Form von Arrondierungen oder zu größeren Wirtschaftseinheiten (Genossenschaften) ist in vielen Fällen Voraussetzung, ehe mit den eigentlichen Maßnahmen im Gelände begonnen werden kann. Die Anzucht der Pflanzen erfolgt heute nur mehr in den Tiroler Forstgärten aus selbst beschafftem, entsprechendem Saatgut. Die Zirben haben dabei immer die größten Schwierigkeiten bereitet und es blieb uns nicht erspart, einen Verschulgarten an der Waldgrenze anzulegen. Die Auskeimung der Zirben wird also nach wie vor in eigenen Keimkästen in den Forstgärten durchgeführt (ca. 500 m Seehöhe). Das Auskeimen wird dort durch Bedecken der Keimkästen mit Kunststoffolien beschleunigt (erhöhte Temperaturen). Unmittelbar nach dem Auskeimen oder als einjährige Sämlinge werden sie in den 1700 m hoch liegenden Verschulgarten gebracht, wo sie mindestens bis zum 4. Lebensjahre, nach Möglichkeit länger, verbleiben. Denn es hat sich als sicher erwiesen, daß ältere Zirbenpflanzen nach ihrer Verpflanzung besser anwachsen und sich rascher auf den neuen Standort einzustellen vermögen als die bisher üblichen dreijährigen Verschulpflanzen. Saaten im Freiland haben sich bisher mit Lärche gut bewährt, bei Fichte und Zirbe dagegen weniger. Bei der Zirben-Freilandsaat ist vorerst die Bewältigung von Mengen über 400 kg wegen der Selbsterhitzung des Saatgutes mißlungen. Überdies konnte noch kein wirksames Mittel gegen denken Tannenhäher gefunden werden, der die auflaufenden Saaten plündert und vernichtet. Die Saatkosten betragen bei Lärche und Zirbe rund 2.000,-- Schillinge je Hektar. Die Aufforstungen werden händisch durchgeführt, weil bis jetzt noch kein Pflanzlochbohrer existiert, der die extremen Terrain- und Bodenverhältnisse in der subalpinen Stufe zu bewältigen vermag. In der Regel werden die Pflanzlöcher ca. 30 mal 40 Zentimeter groß gemacht, eine Größe, die im Rhododendretum (Alpenrosenheiden) wegen der starken Rohhumusauflagen und in Grasheiden wegen der Gefahr des Zuwachses nicht verringert werden kann. In den verschiedenen Vaccinieta (Schwarzbeer-, Rauschbeer- und Preiselbeerheiden) sind jedoch kleinere Löcher möglich; sie werden dort wegen der größeren Austrocknungsgefahr vorgezogen. Die Großlöcher werden mit jeweils zwei Pflanzen bestückt. Je Hektar pflanzt man durchschnittlich 5.000 Pflanzen, in Lawinenabbruchgebieten jedoch entsprechend mehr (bis 10. 000 Pflanzen je Hektar). Die Pflanzlöcher sollen nach außen ein Gefälle aufweisen, um der Kaltluft und dem Niederschlagswasser Abflußmöglichkeit zu schaffen. Die Erde der obersten Bodenhorizonte wird im Pflanzloch mit tiefer liegenden Schichten vermischt. Überdies werden die Pflanzlöcher nach Möglichkeit schon einige Monate vor der Pflanzung gehackt; eine natürliche Bodenlockerung ist die Folge. Eine Kalkung hat sich als unnötig erwiesen. Die durchschnittlichen Aufforstungskosten belaufen sich auf rund 10.000,-- Schillinge je Hektar. Die Auspflanzung von Ebereschen (Sorbus aucuparia) selbst bester Tiroler Gebirgsherkünfte hat sich entgegen den Behauptungen in der Literatur nicht bewährt. Auch die früher vielfach geübte Pflanzung von Legföhren (besonders in Form von Heckenpflanzungen vielfach angewandt) hat sich wegen ihrer Langsamwüchsigkeit als nicht besonders vorteilhaft erwiesen. Vielfach kann die Lärche als Pionierholzart verwendet werden, vor allem hinsichtlich ihrer Bodenansprüche. Aber auch die Zuwachsleistungen allein liegen bei der Lärche erheblich über denen von Eberesche, Legföhre oder Grünerle. Die ältesten (vor acht Jahren gepflanzten) Lärchen sind heute etwa einen bis zwei Meter hoch (je nach Höhenlage in 1600 bis 2100 m Seehöhe), die Zirben bis zu einem halben Meter. Die Ebereschen dagegen sind heute noch kümmerliche Büsche von einigen Spannen Höhe. Die bereits erhobenen Messungen lassen infolge der vorläufig zu geringen statistischen Masse und des zu kurzen Zeitraumes derzeit keine erfolgversprechende Auswertung zu. Mag durch die bisher sich abzeichnenden Erfolge im vorderen Zillertal der Eindruck gewonnen werden, daß die Probleme der Hochlagenaufforstung weitgehend geklärt sind, so muß hier festgestellt werden, daß das Projektgebiet schon am klimatisch günstigeren Nordrand des kontinentalen Wuchsgebietes liegt. Die Standortverhältnisse erreichen daher hier nicht die Extreme, wie wir sie etwa in der Nähe des Alpenhauptkammes bewältigen müssen. Aber selbst in diesem unserem ersten Arbeitsgebiet Vorderes Zillertal bereiten uns noch zahlreiche Probleme schwere Sorgen, etwa die trockenen Südhänge und manche Grasheiden (vor allem die Nardeta). Diese Fragen kann die Praxis allein nicht klären. Hier beginnt das weite Tätigkeitsfeld der Forschungsstelle für Lawinenvorbeugung, die Mißerfolge und Kosten verringern hilft und auch in schwierigeren Gebieten der subalpinen Stufe die Aufforstung ermöglichen soll.