Standardsignatur
Titel
Interessenvielfalt am Wasser - Konflikte um Wassernutzungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Verfasser
Erscheinungsort
Bonn
Verlag
Erscheinungsjahr
2007
Seiten
S. 93-118
Illustrationen
1 Abb., 37 Lit. Ang.
Material
Artikel aus einer ZeitschriftUnselbständiges Werk
Datensatznummer
200137499
Quelle
Abstract
Mit den historischen Prozessen der Urbanisierung und der Industrialisierung ist ein fundamentaler Wandel staatlicher Zuständigkeiten und staatlichen Handelns verknüpft. Das moderne Leben in rasch wachsenden Großstädten und der Umgang mit Technik und Industrie haben eine Fülle neuartiger Lebensrisiken geschaffen. Staatliche Institutionen sind mehr und mehr aufgerufen, diese Risiken zu regulieren und zu entschärfen. Diese Entwicklung wird von Vereinen und Interessenverbänden flankiert, die gewissermaßen als „intermediäre Instanzen" eine Brückenfunktion zwischen dem Partikularinteresse individueller oder lokaler Lebenswelten und dem Staat in seinen problemregulierenden Funktionen erfüllen. In diesem Rahmen finden auch Heimat- bzw. Naturschutz und Gewässerschutz, die Themen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ihre Diskussionszusammenhänge. Vereine für öffentliche Gesundheitspflege nehmen sich der sanitären Situation in den Städten an, vernachlässigen allerdings oft den Gewässerschutz wenn sie dafür plädieren, alle kommunalen Abwässer ungereinigt in die Flüsse zu leiten. Hygienische Gegenpositionen verbünden sich mit dem Heimat- und frühen Naturschutz, um eine weitreichende Gevässerverschmutzung gerade zu verhindern. Oft äußert sich hier ein sozialkonservatives und agrarromantisches Lebensgefühl, das die Naturästhetik vorindustrieller Zeiten zu erhalten sucht. Dagegen streiten Interessenverbände der Industrie, der Landwirtschaft und der Fischerei um die Nutzung der Wasserläufe als „Vorfluter" für Abwässer, als Lieferanten für sauberes Nutzwasser oder als Lebensraum für eine artenreiche Fischfauna. Wie die Quellenlage zu den Vereinen und Interessenverbänden und die Vielzahl der Konflikte um Wassernutzungen belegen können, markiert der Gewässerschutz seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein politisch hochbrisantes Thema.