Standardsignatur
Titel
Die pflanzensoziologische und ökologische Stellung der Eibe (Taxus baccata L.) in der Schweiz : Ein Beitrag zur Wesenscharakterisierung des "Ur-Baumes" Europas : 4. Internationalen Eibentagung
Verfasser
Erscheinungsjahr
1998
Seiten
S. 349-371
Illustrationen
9 Lit. Ang.
Material
Unselbständiges Werk
Datensatznummer
200102718
Quelle
Abstract
Der Vergleich von zwei Erhebungen 1904 und 1970 über das Vorkommen der Eibe (Taxus baccata L.) in der Schweiz zeigt in den 66 Jahren einen erheblichen Rückgang dieser Baumart in unseren Wäldern. Beunruhigend ist besonders die Tatsache, daß der Nachwuchs junger Bäume praktisch durchwegs fehlt. In höheren Lagen und im kontinentalen Klima der inneren Alpentäler fällt die Eibe aus ökophysiologischen Gründen praktisch weg. Rund die Hälfte unserer Landesfläche ist jedoch dank des ozeanischen Großklimas grundsätzlich "eibenfähig". In diesem Raum wurde sie in rund 13 Pflanzenesellschaften registriert, die fast alle im Übergangsbereich zwischen dem Herrschaftsgebiet der Buche (Fagus sylvatica L.) und den mageren Standorten der Föhrenwälder (Pinus sylvestris L.) verschiedenster Prägung (von naß bis trocken) liegen. Die Fehlstellen und der starke Rückgang der Art im potentiellen Verbreitungsgebiet haben vielfältige Ursachen. Die wichtigsten drei sind einerseits Lichtmangel in den dunklen Hallenbeständen produktiver Buchenwaldstandorte, die durch den Übergang von der Mittelwald- zur Hochwaldbewirtschaftung zugenommen haben, zweitens die gezielte Ausmerzung der Eibe als Pferdegift (Waldarbeit mit Pferden) und drittens die stark gestiegenen Wildbestände, die den Jungwuchs praktisch zu 100% vernichten. Eine umfassende Charakterisierung der Konstitution der Eibe zeigt uns diese besondere Baumart als eine dreifache Grenzgängerin: im ökologischen Verhalten in einer Zwischenstellung zwischen Pionier- und Klimaxarten, strukturelle als typische Nebenbestandesart, vermittelnd zwischen Bodenbereich und Oberschicht und morphologisch-physiologisch als plastische Zwischenform zwischen den laubwerfenden mesomorphen Laubhölzern und den immergrünen skleromorphen Nadelhölzern. Diese universell offene, in keine Richtung spezialisierte oder ausgeformte Wesensart verdeutlicht die keimhafte, juvenil gebliebene Veranlagung der Eibe, die sich auch in ihrer unvergleichlichen Vitalität und in der extrem langsamen Alterung bestätigt. In diesem Sinne darf man diesen phylogenetisch ältesten und konstitutionell zugleich jüngsten Baum unserer Wälder wohl den "Ur-Baum" Europas nennen. Diesem geheimnisumwobenen, lebendigen Baum in unseren Wäldern wieder den ihm gebührenden Platz zu verschaffen, gereicht jedem Förster zur Ehre.