Standardsignatur
Titel
Walderholung im Spiegel der Sozialwissenschaften
Verfasser
Erscheinungsjahr
1998
Seiten
S. 44-62
Illustrationen
41 Lit. Ang.
Material
Unselbständiges Werk
Datensatznummer
200101967
Quelle
Abstract
Die Forstwirtschaft und -wissenschaft untersuchen seit langem das Verhalten und die Wünsche der erholungsuchenden Bevölkerung im Wald. Die Soziologie und die Freizeitforschung beschäftigen sich dagegen ganz allgemein mit den Lebensumständen und Prioritäten der Menschen. Die Betrachtung der Arbeiten dieses Forschungsbereichs unter dem Aspekt des Waldbesuches ermöglichen, denselben in einen weiter gefaßten Kontext aus Freizeitverfügbarkeit und Lebensstil kausal einzubinden. Als zu Beginn des letzten Jahrhunderts Wilhelm Müller "Das Wandern ist des Müllers Lust" geschrieben hat, schwebte ihm vermutlich ein auf Wanderschaft gehender Müllergeselle vor. Die Veränderungen in der Gesellschaft haben seither nicht nur die Wanderschaft der Handwerksgesellen, sondern auch das Wandern als Freizeitaktivität breiter Bevölkerungsschichten beeinflußt. Der Bedeutungswandel von Arbeit und Freizeit in den letzten 50 Jahren, und damit verbunden die veränderte Freizeitgestaltung, haben zu einer Verschiebung der Prioritäten geführt und eine variantenreiche Palette an alternativen Beschäftigungen hervorgebracht. Parallel zu dieser Entwicklung hat auch innerhalb der Gesellschaft ein Strukturwandel stattgefunden. Um die heutigen Strukturen zu erfassen, werden in den Sozialwissenschaften zunehmend die unterschiedlichen Lebensstile als Differenzierungskriterium ausgeschieden. Diese Lebensstile beeinflussen nicht nur die Lebens- und Freizeitgestaltung, sondern damit verbunden auch die Neigung zu einem Waldbesuch. Heute wandern zwar große Teile der Bevölkerung nach wie vor gerne. In älteren Bevölkerungsgruppen ist aber zu erkennen, daß ein bessergestellter Teil die Exklusivität dieser Sportart vermißt, während in den einfacheren Milieus die Passivität am Wandern hindert.In den jüngeren Gesellschaftsgruppen steigt man dagegen zunehmend auf das Fahrrad (um). Dabei gibt es heute nicht mehr "das Fahrrad", sondern ein BMX, ein All Terrain Bike, ein Mountainbike, ein Tourenrad und andere Abkömmlinge des alten Drahtesels, die jeweils unterschiedliche Rückschlüsse auf ihren Besitzer zulassen. Die Dynamisierung und Individualisierung in der Gesellschaft geht somit auch an der Walderholung nicht vorbei.