Industriebrachen stellen heute mit knapp 10 000ha und verteilt auf mind. 500 Einzelflaechen im Ballungsraum des Ruhrgebietes nicht nur eine Flaechenreserve feur den notwendigen Strukturwandel dar, sondern sie sind auch eine wesentliche Flaechenressource fuer eine naturkundlich wertvolle und faszinierende, manchmal skurril anmutende, junge und hoch dynamische Lebensgemeinschaft. Sie unterliegt im Rahmen der Sukzession einer staendigen Veraenderung, von fruehen Pionierstadien mit hoher Bedeutung fuer den Artenschutz und als industriegeschichtliches Erinnerungsdokument bis hin zur Entwicklung von "Postindustrie-Waeldern". Diese koennten sich - in ferner Zukunft - "zu reifen", artenreichen Lebensgemeinschaften entwickeln. Die Entwicklung dieser Waelder kann vor dem Hintergrund der Genese des Ruhrgebietes als "Rueckeroberung durch die Natur" mit heute noch unbekanntem Ausgang bezeichnet werden. Beide Zielsetzungen, sowohl die Erhaltung frueher Stadien der Schwerindustriebrachen, als auch das Zulassen der Rueckeroberung durch die Natur auf diesen Flaechen, sind aus Gruenden des Arten- und Biotopachutzes, des Naturhaushaltsschutzes, der Erholungsvorsorge und der Industriegeschichte sinnvoll und folgerichtig. Die exemplarische Erhaltung frueher Sukzessionsstadien durch eine angepasste Nutzung oder eine entsprechende Pflege - letzteres kann jedoch nur die Ausnahme darstellen - stellt eine naturschutzfachliche Herausforderung dar. Demgegenueber vollzieht sich die Entwicklung der Postindustriewaelder ohne Massnahmen von alleine. Die Herausforderung hier liegt eher in der langfristigen Flaechensicherung und der eisernen Disziplin, nicht pflegend oder gestaltend einzugreifen. Es wird deutlich, dass der Landschaftspark Duisburg-Nord ein naturkundliches Highlight des Ruhrgebietes ist. Die "Waldreifung" schreitet fort, die Pflege nitrophytischer und mesophiler Artemisietea-Gesellschaften (bluetenreiche Hochstaudenfluren) wurde erfolgreich begonnen und hat zu den gewuenschten Ergebnissen gefuehrt. Industriebrachen im Pionierstadium sind noch flaechig vorhanden und werden derzeit erfolgversprechend zu ihrer Erhaltung genutzt. Es wird deutlich, dass der Naturschutz akzeptieren muss, dass unkonventionelle Massnahmen, die in einem klassischen NSG der freien Landschaft undenkbar waeren, hier zum Ziel fuehren koennen. Garten- und Stadtplanung hingegen muessen tolerieren lernen, dass die sich frei entfaltende Naturentwicklung Vorrang haben muss gegenueber dem gewohnten Prinzip Planen - Pflanzen - Pflegen, um ruhrgebietsspezifische Industriefolgenatur nicht zum konventionellen Park werden zu lassen, den man in jeder x-beliebigen Stadt finden kann. Die Sicherung grossflaechiger Industriebrachen (ueber 100ha) wie zum Beispiel im Landschaftspark Duisburg- Nord muss als "Gluecksfall" begriffen werden, da aufgrund ihrer aktuellen Pflanzen- und Tiervorkommen beide Entwicklungszielbereiche, naemlich die "Erhaltung frueher Brachestadien" ebenso wie die "Rueckeroberung durch die Natur" verfolgt werden koennen, ohne dass es zu raeumlichen Zielkonflikten kommt!