Die posteruptive Schmelzreifung führt zur Verfestigung des Kristalgefüges. Die zuletzt gebildete Schmelzaußenschicht (Sa) ist kurz vor dem Durchbruch weicher als der tiefer liegende Schmelz. Beim Menschen sind sie an Schneide- und Eckzähnen 2-3 Jahre nach der Eruption noch nicht zur härtesten Schicht geworden. Die Ausreifung benötigt hier 6-8 Jahr bis zur Erlangung der maximalen Härte (= Rückgang der Kariesgefährdung am Ende des zweiten Lebensdezenniums), wobei der zuletzt gebildete äußere Schmelz in der Härte den inneren und mittleren Schmelz überholt. Die Härtemessung nach Vickers (HV) ermöglicht Aussagen zur Massivität der Kristallstrukturen. Am unreifen Schmelz verlaufen feinste Porenkanäle zwischen benachbarten Schmelzprismen, deren Kristallite noch nicht ihre volle Größe erreicht haben. Diese kapillären Räume zwischen den Prismen machen das Mineralgefüge kompressibel. Sie setzen damit die Mikrohärte herab. Untersuchungen an Zähnen verschiedener Säugetierordnungen sollten involvierte Faktoren analysieren. Hier sind Ergebnisse am ruminanten (Capreolus), am carnivoren (Lutra) und am omnivoren (Sus) Gebiss dargestellt. Untersucht wurden 11 zweite Inzisivi von Sus scrofa scrofa. 21 lactale bzw. permanente zweite Inzisivi und ein komplettes Gebiss von Sus scrofa domestica, 33 Canini von 33 Lutra lutra sowie 92 Ml von wildlebenden Capreolus capreolus. Altersstadien wurden im Hinblick auf Alters- und Geschlechtsdetails sowie schmelzinterene Differenzen berücksichtigt. Bei Hausschwein und Otter wird der Außenschmelz rasch zur härtesten Zone des Schmelzes oder bricht bereits mit diesem Qualitätsmerkmal durch. Die Wiederkäuer behalten infolge ihrer spezifischen Ernährungsweise zeitlebens eine "unreife" (nicht ausgehärtete) Zahnoberfläche. Am Wiederkäuerzahn wird diese Phase infolge der physiologischen Bedingungen niemals erreicht. Die äußere Schmelzschicht bleibt zeitlebens weicher als die darunter befindliche Zone. Ursache sind die ausgedehnten Phasen des Wiederkäuens, die in der Maulhöhle über längere Zeit ein saures Milieu entstehen lassen und die über längere Phasen der Funktionsperiode vorhandene dünne Zementbedeckung der Schmelzoberfläche. Die qualitative und quantitative Optimierung der physikochemischen Eigenschaften des Zahnes ist weitgehend ausgeschaltet. Eine Nachhärtung der Außenschicht tritt in begrenztem Maße ein. Substanzverluste durch Erosion kommen dennoch nicht vor. Die verminderte Schmelzreifung der domestizierten Ruminantia (Schaf, Ziege, Rind) ist keine Domestikationsfolge, da die Resultate auch beim wildlebenden Reh einen im Verhältnis zur Lebenserwartung proportionalen Verlauf erkennen lassen. Die Analyse einzelner Faktoren bei der Schmelzreifung soll die Suche nach Möglichkeiten zur Beschleunigung der Reifungsvorgänge menschlicher Zähne unterstützen.