Standardsignatur
Titel
Die Bedeutung des Kriteriums Naturnähe für die Waldwirtschaft, mit besonderer Berücksichtigung fremdländischer Baumarten : Die Bedeutung der forstlichen Vegetationskunde für den naturnahen Waldbau - Ansprüche, Möglichkeiten und Grenzen
Verfasser
Erscheinungsjahr
1999
Seiten
S. 80-89
Illustrationen
39 Lit. Ang.
Material
Artikel aus einer ZeitschriftUnselbständiges Werk
Datensatznummer
200089823
Quelle
Abstract
Die Naturnähe der mitteleuropäischen Wälder ist aufgrund verschieden starker und langer Nutzung reduziert. Der Kultureinfluß kann durch Einteilung in Hemerobieklassen gefaßt werden. Referenz hierfür ist die Konstruktion des Naturzustandes, hierfür wird in der Regel die heutige potentielle natürliche Vegetation (hPNV) zugrunde gelegt. Im Unterschied zu früheren Sichtweisen wird heute die Dynamik des Naturzustandes im wald zunehmend betont: Als naturnah können nur Waldregionen gelten, in welchen die Strukturvielfalt, der Nischenreichtum und die Artenausstattung der Sukzessionsstadien und zyklischen Phasen zumindest teilweise vorkommen. Naturnähe wird nur mehr auf der Ebene der Waldlandschaft fassbar. Dauerwälder sind beispielsweise der Optimalphase der Urwaldmodelle vergleichbar und damit nur bedingt naturnah. Veränderte und sich ständig weiter ändernde Umweltbedingungen (Klimaerwärmung, Stoffeinträge) und Konkurrenzbeziehungen (Verlust früher heimischer Arten; Auftreten neuer Arten) führen zu einer ständigen Modifikation der natürlichen Prozesse. Langlebige Ökosysteme wie Wälder vermögen sich nicht mehr auf ein neues Gleichgewicht einzustellen. Einen aktiven Beitrag zu dieser "drift" leistet auch die Forstwirtschaft durch die Einfuhr neuer Baumarten. Bürgern sich fremdländische Baumarten ein, so werden sie Bestandteil der aktuellen natürlichen Prozesse. Beispielsweise können aus Naturverjüngung hervorgegangene Mischbestände mit Anteilen der Douglasie auf bodensauer-trockenen Standorten durchaus relativ naturnah sein. Allerdings gefährdet der ständig sich ändernde Ablauf natürlicher Prozesse und die ständig sich ändernde Naturnähe die Ursprünglichkeit der Ökosysteme und das Fortbestehen der standortsheimischen Arten und Biozönosen, da zu erwarten ist, daß "neuheimisch" gewordene Arten im Laufe der Zeit alle ihnen zusagenden Standorte besiedeln werden. Die naturschutzfachliche Bedeutung des Kriteriums der Natürlichkeit wird dadurch entwertet, dem Erhalt der Ursprünglichkeit muß in Bewertungsverfahren zunehmende Bedeutung zukommen.