- Standardsignatur5187
- TitelErnst Ludwig Kirchner - Berge und Wälder
- Verfasser
- Erscheinungsjahr2000
- SeitenS. 33-48
- Illustrationen10 Lit. Ang.
- MaterialUnselbständiges Werk
- Datensatznummer200073432
- Quelle
- AbstractWir können noch heute - angesichts der Werke - nachvollziehen, wie viel der Bündner Wald dem Künstler bedeutete, wie sehr das Leben in der alpinen Natur die künstlerische Arbeit Kirchners bereicherte. Hier fand er eine Entsprechung zu jenem "Paradies", das er zwischen 1908 und 1914 schon einmal auf der Ostseeinsel Fehmarn erlebt hatte. Auch dort hatte die Darstellung der reinen Natur einen bedeutenden Teil seines Werkes bestimmt. Im Landwassertal allerdings war er erstmals mit der "majestätischen" Erscheinung der Natur, der Berg und der Tannenwälder, konfrontiert. Der Wald als bestimmendes Element der hochalpinen Natur, der gelegentlich gar die Konturen der Berge überspielt, wurde in den Bildern Kirchners zum (teils undurchdringlichen) Gegenüber des Menschen, zur Grenze, die den Einflussbereich des Menschen von jenem Teil der Welt trennt, den er nicht bestimmen kann. Gleichzeitig verwandelte der Künstler das Naturerlebnis in eine eigenständige, künstlerische Wirklichkeit, die aber - trotz aller Differenz zum Vorbild, trotz aller Verfremdung - einen Eindruck wiedergibt, der jenem entspricht, den man im Alltag gewinnen kann - wenn man sich den kontemplativ auf die natürlichen Phänomene einlässt. Und heute ermöglichen die Werke Kirchners ein Naturerlebnis, das in einer von ökonomischen Zwängen und funktionalistischem Denken bestimmten Wirklichkeit ohne das Fenster, welches die Kunst ist, so vielleicht nicht vorstellbar wäre: die Natur - der Baum, der Wald, die Berge - als metaphysisches Ereignis, das die menschliche Welt transzendiert. Ganz im Sinne des englischen Dichters Oscar Wilde, der bereits 1891 in seiner Essaysammlung Intentions geschrieben hatte: "Also folgt die Natur dem Landschaftsmaler und nimmt von ihm ihre Wirkungen? [...]. Betrachte die Sache vom wissenschaftlichen oder metaphysischen Standpunkt, und du wirst sehen, dass ich recht habe. Was ist denn die Natur? Sie ist nicht eine grosse Mutter, die uns geboren hat. Sie ist unsere Schöpfung. In unserem Hirn erwacht sie zum Leben. Es gibt Dinge, weil wir sie sehen, und was wir sehen und wie wir es sehen, hängt von den Künsten ab, unter deren Einfluss wir gestanden haben. Auf ein Ding blicken ist noch lange nicht dasselbe wie ein Ding sehen. Kein Ding sieht man, ehe man seine Schönheit sieht. Da und allein da, erlangt es ein Sein.
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