Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Erfassung und Bewertung der Makrophytenvegetation des Gewässersystems Gießgang Greifenstein. Auf Basis von vor rund 10 Jahren erhobenen Daten sollten weiters die seit dieser Zeit eingetretenen Veränderungen aufgezeigt werden. Die Inventarisierung der Makrophytenvegetation des Gießganges erfolgte jeweils im Sommer 1996 und 1997. Das Gewässersystem wurde hierzu in beiden Jahren in seiner gesamten Länge nach einer standardisierten Methode kartiert. Im Jahr 1997 wurden zusätzlich 20 Nebengewässer bearbeitet. Im Gießgang selbst konnten 64 Markophytenarten nachgewiesen werden. Die Artenanzahl hat dabei seit den Erhebungen von rund 10 Jahren zugenommen. In den untersuchten Nebengewässern wurden weitere 12 Arten vorgefunden, wodurch sich die Gesamtartenzahl des Gewässersystems auf 76 erhöht. die Artendiversität liegt damit weit über den Werten der meisten anderen Augebiete des österreichischen Donauabschnittes. Die artenreichsten Abschnitte des Gießganges (mehr als 20 Arten/Abschnitt) befinden sich gegenwärtig im Stillwasserbereich oberhalb der Stauhaltung 19, in der Tullern Au, in der Umgebung der alten Tullner Brücke, im Hechtengraben, in der Alten Naufahrt, im Mündungsbereich des Neuschüttwassers sowie in einem kurzen Fließbereich unterhalb von Stauhaltung 6. Helophyten (Röhrichtpflanzen) sind relativ gleichmäßig entlang des Gewässerzuges verteilt. Standorte vom Amphiphyten (amphibische Arten) finden sich bevorzugt in der Tullner Au sowie im Bereich zwischen Stauhaltung 13 und der Einmündung der Schmida. Hydrophyten ("echte" Wasserpflanzen) kommen fast ausschließlich zwischen Stauhaltung 20 und der Schmidamündung vor. Während das Verbreitungsbild der Helophyten in den letzten 10 Jahren nahezu gleich geblieben ist, konnte bei den Amphi- und Hydrophyten eine zunehmende Konzentration der Bestände auf bestimmte Gewässerabschnitte beobachtet werden. Die streckenmäßige Verbreitung der meisten Arten hat sich hierbei reduziert. Vor allem Standorte oberhalb der Stauhaltung 20 wurden von hydrophytischen Wasserpflanzen aufgegeben. Die Ursache hierfür liegt möglicherweise in der durch die ständige Dotation hervorgerufenen starken Wassertrübung. Die Vegetation des Gewässerrandes wird mengenmäßig von Phragmites australis dominiert. Sparganium emersum und Nuphar lutea sind die mengenmäßig bedeutendsten Arten der im Gewässer befindlichen Vegetation. Seit den Untersuchungen vor 10 Jahren sind mengenmäßige Zunahmen vor allem bei jenen Arten festzustellen, die auch in mehr oder weniger stark strömendem Wasser vorkommen können. Dies dokumentiert den Wandel des Gießganges vom Still- zum Fließgewässer-dominierten Gesamtlebensraum. Die insgesamt pro Gewässerabschnitt vorhandenen Pflanzenmengen waren im Jahr 1986 relativ gleichmäßig über den gesamten Gießgang verteilt. Heute konzentrieren sich größere Pflanzenmengen ausschließlich auf den mittleren Bereich des Gewässersystems. Vor allem zwischen der Flutmulde und der Stauhaltung 20 ist die Menge der im Wasser befindlichen Vegetation seit 1986 stark zurückgegangen. Ein möglicher Grund dafür wurde oben bereits angesprochen. Deutlich zugenommen hat die Vegetationsdichte im Bereich zwischen der Stauhaltung 10 und der Einmündung der Schmida. Auch flußab der Schmidamündung ist eine Zunahme der Pflanzenmenge zu beobachten. Möglicherweise kann dies als Hinweis auf eine Verbesserung der Belastungssituation in diesen Bereichen gewertet werden. Unter Berücksichtigung der historischen Situation (frühes 19. Jahrhundert) ist mit hoher Sicherheit davon auszugehen, daß der Gießgang heute ein reichhaltigeres Makrophyteninventar beinhaltet, als in seinem ursprünglichen Zustand als dynamischer Donau-Nebenarm. Makrophytenstandorte fanden sich damals vorwiegend in schwach oder gar nicht durchströmten Nebengewässern. Gerade diese Gewässer sind jedoch im Zuge der Donauregulierung durch die Abtrennung von Hauptstrom zumeist trockengefallen. Die ursprüngliche Wasservegetation konnte sicherlich teilweise im heutigen Gießgang Ersatzstandorte finden. Das Gewässersystem Gießgang-Greifenstein ist daher aus unserer Sicht in erster Linie als Ersatzbiotop für die ursprüngliche aquatische Vegetation des Augebietes zu sehen und somit in seiner heutigen Ausprägung über weite Bereiche schützenswert.