Inwieweit beeinflussen Fütterng und Jagd das Raum-Zeit-Verhalten des Rotwildes? Diese Frage wurde 1985/86 bis 1988/89 im Winter und Frühjahr in den Niederen Tauern Österreichs vergleichend untersucht. Im gleichen Gebiet überwintern ein ungefüttertes Rotwildrudel und zwei Futterrudel. Das Raum-Zeit-Verhalten der drei Rudel war je nach klimatischen und anthropogenen Einflüssen in den vier Wintern unterschiedlich (Abb. 2 und 4). In schneereichen Jahren überwintert gefüttertes wie ungefüttertes Wild auf hochgelegenen Almflächen. Almen stellen vor allem in schneereichen Wintern gute Rotwild-Winterhabitate dar. In schneearmen Wintern steht ungefüttertes Rotwild vermehrt bis ausschliesslich in tiefergelegenen Waldbereichen. Es weicht so dem hohen, winterlichen Jagddruck im Alleinstand aus (Abb. 7). In schneearmen Jahren sind bestimmte Wald- und Taleinstände geeignete Winterlebensräume für Rotwild. Die Fütterung wird vom Wild nicht täglich genutzt (Abb. 5). Dennoch schafft sie - unabhängig von der Schneesituation - eine in allen Jahren annähernd gleichbleibende Zugänglichkeit zur Äsung und ändert das Verhalten des Wildes in korrespondierender Weise. Auch die Habitatwahl des Futterwildes ist in hohem Masse gleichbleibend. Futterwild reagiert auf jagdliche Störungen ebenso wie ungefüttertes Rotwild mit einer räumlich-zeitlichen Aktivitätsverlagerung. Traditionelle Wintereinstände werden nach massiven jagdlichen Eingriffen im selben Winter nicht mehr genutzt. Die Fütterung funktioniert als gezielte Lenkungsmassnahme nur in Verbindung mit einem darauf grossräumig abgestimmten Jagdverhalten.