Indikatoren für landwirtschaftliche Extensivierungserscheinungen in Hessen

2000

S. 3-24

56 Lit. Ang.

Unselbständiges Werk

200063708

Die Kulturlandschaften der Bundesrepublik Deutschland sind, wie allgemein bekannt ist, in unterschiedlichem Ausmaß von landwirtschaftlichen Extensivierungserscheinungen wie Versaumung, Vergrasung oder Verbuschung betroffen. Am Beispiel von ertragsschwachen Grünland-Biotoptypen in Mittelhessen (dem NSG "Salzwiesen von Münzenberg" sowie den Streuobstwiesengebieten "Wingert" von Dorheim und "Nordhang" von Stornfels) wird dargestellt, wie sich in Folge von zu geringen Nutzungsdruck bzw. Nutzungsaufgaben oder artenschutz-orientierten Nutzungsvorhaben in geschützten und schützenswerten Kulturbiotopen allmählich wenige konkurrenzstarke Pflanzenarten mit "Schlüsselfunktionen" (key-stone functions) durchsetzen, die die Biotope in Struktur und Artenspektrum deutlich verändern. Typisch für konkurrenzstarke Arten sind u.a. stark ausgeprägte vegetative Ausbreitungsmechanismen, die sie befähigen Dominanzbestände aufzubauen. Damit vernichten sie die Regenerationsnischen für konkurrenzschwächere Arten und bestimmen den Lebensraum für andere Glieder der Biozönose, indem sie direkt oder indirekt auf den Licht-, Temperatur-, Wasser- und/oder Nährstoffhaushalt einwirken - wie am Beispiel von Phragmites australis dargestellt wird. Als eine wirksame Vorgehensweise zur Regulierung von zur Dominanz neigenden konkurrenzstarken Arten wird das Konzept des systemorientierten Naturschutzes erläutert, bei dem nicht die Förderung einzelner seltener Arten im Vordergrund von Maßnahmen steht, sondern die Entwicklung und Optimierung der Funktionsfähigkeit des betroffenen Biotoptyps. Da produktionsschwache Kulturlandschaftsbiotope eine höhere Biodiversität haben als produktionsstarke, kann die nachhaltige Entwicklung artenreichen Grünlands nur über eine sowohl auf Nährstoff- wie Biomasseentzug ausgerichtete Beerntung der Primärproduktion erfolgen.