Es wurden die Wundreaktionen nach Astring- und stammprarallelem Schnitt an neun bzw. zehn Jahre alten Astungswunden an zwei unterschiedlich effektiv kompartimentierenden Baumarten, Linde und Roßkastanie, untersucht. Bei allen Bäumen waren die Astringschnitte stärker überwallt, zeigten geringere Kambialnekrosen und weniger Verfärbungen im Holz als die stammprarallelen Schnitte. Die Linden schotteten die Wunden engräumiger ab als die Roßkastanien, wobei diese Unterschiede mit zunehmendem Astdurchmesser größer wurden. Die Ausbreitung des Pilzbefalls in der Verfärbung wurde von einer Grenzschicht unterschiedlich effektiv abgeschottet. Insbesondere bei größeren Astungswunden und vor allem bei der schwächer kompartimentierenden Roßkastanie zeigten sich in der Verfärbung alte, von Mikroorganismen durchbrochene und funktionslos gewordene Grenzschichten. Die vordringenden Mikroorganismen führten zur Vergrößerung von Verfärbung und Fäule und zur Bildung einer neuen Grenzschicht. Die Kompartimentierung ist somit, besonders bei größeren Wunden, kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Vorgang, der mit steigendem Astdurchmesser überlinear zunimmt. Für die Baumpflegepraxis folgt hieraus, daß der Astringschnitt für den Baum vorteilhafter ist als der stammparallele Schnitt. Bei schwach kompartimentierenden Baumarten sollten keine Äste von über 5 cm Durchmesser entnommen werden; diese Grenze liegt bei effektiv kompartimentierenden Baumarten bei etwa 10 cm. Bei dickeren Ästen sind trotz korrekter Schnittführung umfangreiche Verfärbungen mit Pilzbefall im Stamm zu erwarten.