In der vorliegenden Untersuchung werden Ursachen und Ausmass der Blaikenerosion im Karwendel als Teilglied des alpinen Bodenabtrags diskutiert. Blaiken sind Erosionsformen, die durch Abschuerfen einer geschlossenen Vegetationsdecke entstehen. In erster Linie ist nivaler Massenschurft daran beteiligt. Die Nivation (Schnee-Erosion) fuehrt nur im Zusammenwirken mit anderen natuerlichen Parametern (Relief, Naturraum, Vegetation, geologischer Untergrund und Klima) zur Blaikenbildung. 69,2 % aller Blaikenhaenge des Karwendels sind 30 Grad - 39 Grad geneigt. 55,3 % der Erosionsgebiete befinden sich in NE-/E/SE-Lage, was die Leerseite zu den Westwinden darstellt. Zwei Drittel der Blaikenhaenge befinden sich zwischen 1400 und 1800 m; ihre durchschnittliche Hoehe liegt auf 1641 m. Diese Hoehenstufe ist gleichfalls eine Zone, in der (berechnete) Schneedrucke von 300-1400 kg/m2 auftreten koennen. Mit solchen Drucken geht waehrend des Schneegleitens eine erhebliche bodenabschuerfende Kraft einher, sofoern der Untergrund abtragsgeeignet ist, d.h. aus alpinen Matten genuegender Steilheit mit Schurfansatzpunkten besteht. Jura- und Kreideschichten der Karwendelmulde sind durch die Korngroessenzusammensetzung ihrer Boeden besonders erosionsgefaehrdet. Im Vorkarwendel ergaben Luftbildauswertungen Vergroesserungen der Blaikenflaechen um 8 bis 192 % ihrer Ausgangsflaeche (seit 1964). Das Gebiet ist dort nach Tiroler Masstaeben ueberdurchschnittlich stark mit Almen besetzt. Waehrend sich die Zahl der gealpten Grossvieheinheiten von 1952-86 um 78 % vergroesserte, nahm die des Almpersonals um 56 % ab. Damait gehen verringerte almpflegerische Massnahmen einher. Die Hauptweidegebiete sind weitgehend blaikenfrei. Viehgangeln terrassieren die Almhaenge gut und wirken stabilisierend. Mit der Grosse des Rinderbestosses steigt der Grad des Narbenversatzes in Vernaessungszonen an. Die Blaiken liegen saemtlich ausserhalb der heute benutzten Weideflaeache in 30 Grad geneigtem Gelaende. Sie setzen oft schlagartig jenseits der Weidegrenzen ein. Um ein Vordringen der Erosion nach unten zu verhindern, sollte die Almwirtschaft des Karwendels weiterhin intensiv mit guter Pflege der Weideflaechen betrieben werden.
116.23 (Einfluß der Geländeform) 116.24 (Einfluß von Bodenfaktoren und geologischer Formation) 116.26 (Einfluß der Beweidung) 116.12 (Ablagerung und Verteilung des Schnees (einschl. Wirkungen auf die Bodentemperatur usw.)) [436.7] (Tirol)