Die in jüngerer Zeit intensiven Forschungen über das Alpenmurmeltier erbrachten eine Fülle von Erkenntnissen, die in diesem Band zur Ausstellung "Murmeltiere" zusammengefaßt sind. Alpenmurmeltiere sind typische Vertreter der eiszeitlichen Tierwelt und kommen heute natürlicherweise dort vor, wo es noch Rückzugsgebiete mit entsprechenden Umweltbedingungen gibt - in den Hochlagen der Alpen und der Hohen Tatra. Die besten Murmeltierbestände gibt es in einem Gürtel von etwa 200 Höhenmeter über der lokalen Waldgrenze. Tiefe Täler besiedeln Murmeltiere nicht, sehr wahrscheinlich, weil sie dort aufgrund zu hoher Temperaturen auch tagsüber die meiste Zeit im Bau verbringen müßten und während des Sommers deshalb nicht den enormen Fettzuwachs erzielen könnten, den sie zur Überwinterung brauchen. Murmeltiere sind nach Bibern die zweitgrößten einheimischen Nagetiere. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild kaum und beide Geschlechter brauchen relativ lange, mindestens 3 Jahre, um erwachsen zu werden. Alpenmurmeltiere sind ausschließlich tagaktiv und ernähren sich überwiegend von Pflanzen. Sie leben sozial in Gruppen von bis zu 20 Individuen, die durch späte Abwanderung der Nachkommen entstehen. Diese verlassen frühestens nach Erreichen der Geschlechtsreife ihr Geburtsgebiet zur Suche nach einem eigenen Fortpflanzungsterritorium. Die wichtigsten Raubfeinde des Alpenmurmeltieres sind Steinadler und Fuchs. Vor Raubfeinden oder sonstigen Gefahren warnen sich Murmeltiere mit schrillen, weithörbaren Rufen, die wie Pfiffe klingen. Dieses Warnsystem ist offensichtlich sehr effizient, denn Raubfeinde spielen als Sterblichkeitsfaktor keine wesentliche Rolle, ganz im Gegensatz zum Winter. Murmeltiere verbringen die meiste Zeit ihres Lebens in selbstgegrabenen Erdbauten, in die sie sich zum Winterschlaf, während der Nacht, und vor Gefahren und ungünstigen Witterungsbedingungen zurückziehen. Das Tunnel- und Kammernsystem eines Baues ist das Werk von Generationen und kann beträchtliche Ausmaße annehmen. Murmeltiere werden seit jeher bejagt, heute in nicht unerheblichem Ausmaß noch in Österreich und der Schweiz, wo die meisten Murmeltiere vorkommen. Erforderlich sind jagdliche Eingriffe in Murmeltierbestände nicht, sie sind aber auch nur dann bedenklich, wenn ohnehin kleine Bestände weiter dezimiert werden, wenn die Prinzipien einer nachhaltigen Nutzung verletzt werden, und wenn, meist aus Unwissenheit, die Besonderheiten der sozialen Lebensweise des Alpenmurmeltieres nicht berücksichtigt werden.