An der Basisstation Waldgrenze in 2070 m Seehöhe wurde der Gaswechsel spontan aufgegangener Jungzirben über und z.T. auch unter Schnee im Winter 1954/55 und in der Vegetationsperiode 1955 laufend automatisch registriert. Erste schwache Herbstnachtfröste können bereits im September die Umstellung der Jungzirben zum Winterzustand einleiten. Die Assimilation nimmt rasch ab. Ende Oktober ist das Assimilationsvermögen unter den gegebenen Umständen nur mehr halb so groß als im Mai bei gleichem Licht. Nur auf wärmeren Westhängen können sie noch fast so stark wie im Mai arbeiten. Die Summen sind infolge der Kürze des Tages natürlich auch hier geringer. Mit dem Einsetzen starker Fröste (Anfang November) wird dann die Assimilation derart gehemmt, daß sie auf 1/1O ihres ursprünglichen Betrages sinkt. Wird es dann richtig kalt (Mitte November, 8 Eistage mit Minima von - 10 bis - 15°, Nadeltemperaturminima bis - 20°), so daß auch der Boden in der Wurzelsphäre (beiden benützten Jungzirben geht diese 15 cm tief) durchfriert, kommt zu der kältebedingten teilweisen Lähmung des Photosyntheseapparates noch hygroaktiver Verschluß der Spalten hinzu infolge der Blockade der Wassernachleitung. Nun kann überhaupt kein Überschuß mehr erzeugt werden, die Photosynthese beschränkt sich bestenfalls auf die Verarbeitung des im Respirationsvorgang freigesetzten CO2 im Innern der Nadeln. Nach außen tritt kein Gaswechsel mehr in Erscheinung (Abb. 137). Zweige, die weiterhin über Schnee bleiben (größere Jungzirben), kompensieren infolge wiederholter Kältewellen am Licht nicht einmal mehr die Atmung, bei scharfem Frost erlahmt ihre Photosynthese völlig (Pisek und Winkler 1958). Die Bilanz bleibt ständig negativ (schwache CO2-Ausscheidung) selbst dann, wenn sich die Nadeln vorübergehend über 0° erwärmen (Abb. 138). Starke Erwärmung reaktiviert zunächst bloß die Respiration, so daß die CO2-Ausscheidung noch zunimmt. Erwärmung bedeutet also in dieser Zeit bloß größeren Stoffverlust. Zum Teil ist der Tiefstand der Photosynthese zweifellos eine Folge des Chlorophyllabbaues, der in den Nadeln unter dem kombinierten Einfluß von Kälte und Strahlung, vielleicht auch Austrocknung, vor sich geht und sich schon äußerlich an der besonders in Hochlagen auffälligen Umfärbung ins Gelbliche verrät. Erst wenn die Temperatur anhaltend stärker steigt und das Schmelzwasser durch den Schnee in den Boden dringt und ihn auftaut - die Voraussetzung für das Wiederöffnen der Spalten - wird ihre Winterstarre gelockert, die Photosynthese läuft von Tag zu Tag lebhafter an, wenn nicht Wetterrückschläge entgegen wirken (Abb. 138 a). Der Fortschritt ist bei den grünen Zweigen an der beschatteten Nordseite der Kronen größerer Stücke rascher als bei den noch stark gelblich verfärbten Nadeln der besonnten Südseite (Abb. 138 b). Assimilationsvermögen und Chlorophyllgehalt hängen unverkennbar zusammen. Der Gaswechsel der kleinen Jungzirben, die anfangs Dezember einschneiten und 5 Monate unter Schnee blieben, war nicht verläßlich meßbar. Doch läßt sich sagen, daß 1. im Hinblick auf die Schneehöhe, die bis Ende April durchgehend mindestens 1/2 m betrug, am Boden großer Lichtmangel herrschte, daß 2. die Temperatur unter der Schneedecke mit ganz geringen Schwankungen sich bei 0 bis - 1° hielt und 3. der Boden bis Ende März gefroren blieb lauter Umstände, die nennenswerten Stoffgewinn unter Schnee unwahrscheinlich erscheinen lassen, obschon die Nadeln sich in seinem Schutz frisch grün erhalten und keine Wassersättigungsdefizite erleiden, im Gegenteil der Wassergehalt zunimmt. Solche eingeschneite Stücke sind, sobald sie schneefrei werden, sofort aktiv (Abb. 138 a, 10. 5.). Die Umstellung zum Sommer erfolgt also noch unter Schnee, wahrscheinlich, weil sich infolge der außerordentlichen Konstanz der Temperatur unter seiner Decke der endonome Rhythmus unbehelligt durchsetzt. Doch bleibt der Owinn zunächst bescheiden. Erst nachdem sich die Nadeln im Tagesmittel über 10° C, im Extrem kurzzeitig über 30° C, erwärmt haben (Ende Mai), assimilieren sie unerwartet lebhaft. Die erzielten Tagesausbeuten (bis 70 mg/g/Tag) können dann beinahe an die 7jähriger Lärchen in Tieflagen herankommen (Polster 1950). Während dieser Hochleistungsperiode, die bis zum Austreiben der Sprosse andauert (Juli), hat die Witterung der einzelnen Tage nur dann einen deutlich nachweisbaren Einfluß auf die Tagessumme der Assimilation, wenn 1. Spätfröste auftreten oder Schnee fällt (vorübergehende starke Hemmung der Photosynthese), 2. die Temperatur über das Optimum ansteigt (Temperaturmittel 5 - 19 Uhr > 25° C) oder der Boden austrocknet. Wenn solche extreme Klimaverhältnisse selten auftreten, wie in dem vom langjährigen Durchschnitt kaum abweichenden Meßjahr (18% er Tage), bringt diese Periode den Pflanzen großen Stoffgewinn, Bäumchen, die sehr spät ausapern, verlieren diese produktivste Zeit des Jahres. Durch das Austreiben erleiden die Pflanzen eine langanhaltende Verminderung ihrer Stoffproduktion, deren Ursache nicht restlos geklärt werden konnte, die aber sicher nicht mit dem Klima zusammenhängt. Im Herbst begrenzt das Licht, später auch der Frost,die Assimilation in rasch zunehmendem Maße, so daß sie - lange vor dem Einschneien - beinahe zum Stillstand kommt. Das absolute Ende der CO2-Aufnahme wird entweder durch Schneebedeckung oder durch Bodenfrost im Wurzelhorizont der Pflanzen bestimmt. Die hohen Assimilationsintensitäten im Frühjahr zeigen, daß die geringe Zuwachsleistimg der Jungzirben an der Waldgrenze nicht auf einer spezifisch schwachen Assimilation beruht. Der Jahreserwerb an CO2 wird allerdings durch die erwähnte hochsommerliche Leistungssenkung, vor allem aber durch die Verkürzung der Vegetationsperiode (vgl. Pisek und Winkler 1958) verringert, die wieder ausschließlich eine Folge des Jahresgangs der Temperatur ist.