- Standardsignatur673
- TitelBetrachtungen zur Natur der Viren
- Verfasser
- ErscheinungsortWien
- Verlag
- Erscheinungsjahr1953
- SeitenS. 46-58
- Illustrationen2 Abb., 25 Lit. Ang.
- MaterialUnselbständiges Werk
- Digitales Dokument
- Datensatznummer200004533
- Quelle
- AbstractEs wurde im Vorangegangenen bezüglich einer Reihe von bei den Viren festgestellten Eigenschaften oder ablaufenden Prozessen die Einordnung dieser in die belebte oder unbelebte Welt versucht, wobei als Richtschnur des Vergleiches das Zelleben diente. Nach den neueren Untersuchungen ist nun, wie schon ausführlich dargelegt wurde, bekannt, daß die Viren Eiweißkörper von molekularem Bau darstellen; in vielen ihrer Eigenschaften konnten sie auch mit Genen verglichen werden. Eiweißmoleküle bauen aber die lebende Zelle auf, die sozusagen als übergeordnete Einheit über den vielen sie aufbauenden Einzelmolkülen steht und jene Eigenschaften aufweist, die wir heute als Kriterien der belebten Welt ansehen. Beller ist der Ansicht, daß die Frage blebt oder unbelebt sich bezüglich der Viren von selbst erledigen würde, wenn man anstatt des übergeordneten Zellebens das Molekularleben zum Vergleich heranziehen würde. Es ließen sich dann auch die Viren in diesen Bereich einordnen. Beller meint, daß bereits in den Eiweißmolekülen, die ja an sich die das Leben kennzeichnenden Eigenschaften nicht zeigen, jene Spannkräfte vorhanden sind, die zu den als Leben bezeichneten Vorgängen führen. So sagt er: "Die Auslösung der in dem Eiweißmolekül mit seinem komplizierten Bau beschlossenen Spannkräfte bedarf erst eines Anstoßes dynamischer Art, also eines Bewegungsimpulses. Die Notwendigkeit dazu ergibt sich aber aus der Verlagerung der Lebensvorgänge aus der individuellen Ebene des freien Eiweißmoleküls, in diejenige einer kollektivistischen Organisation." Es muß ein Potentialgefälle vorhanden sein, um die im ruhenden Eiweißmoleküle lagern sich nach Beller zu Mizellen, die als Schutzverbände charakterisiert werden, bis zur Zelle, die wieder Molekülen verschiedener zusammensetzung Raum gibt. Damit aber wachsen nach diesem Autor "die Spannungen, die nach Entladung drängen und auch bis zu dem Grad führen, der durch die Erhaltung des Gleichgewichtes zwischen potentiellen und kinetischen Energien gegeben ist. Mit dieser Bestimmung aber entsteht eine neue Individualität, der die molekularen Individuen sich ein- und unterordnen." Bezüglich der vor allem aus Eiweißmolekülen bestehenden Viren ist vielleicht die Annahme berechtigt, daß auch in ihnen Kräfte latent sind, die, wenn sie durch irgendwelche Einflüsse geweckt werden, sie befähigen, sich zu Verbänden zusammenzuschließen und höhere Einheiten zu bilden. Es konnten ja, worauf auch schon hingewiesen wurde, Elementarkörperchen als virusaggregate nachgewiesen werden (Bergold 1943) und manche Einschlußkörperchen sind nach Smith Anhäufungen von Viren. Die aus Polyedereiweiß und Viruseiweiß zusammengesetzten Polyeder konnten unter Einfluß von Xylol Umwandlungsformen zeigen, die an solche des Zellkernes zur Zeit der Teilungsstadien der Zellen erinnerten. Man kann also vermuten, daß die Viruskörperchen, obgleich sie den Zellen gegenüber untergeordnete Einheiten wären, möglicherweise doch das Bestreben zellartige Körper zu bilden, als welche man vielleicht die Polyeder auffassen könnte. Ob die Viren die zu ihrer Vermehrung und zur Bildung von Aggregaten oder höheren Einheiten notwendigen Stoffe aktiv aus den Wirtszellen heranziehen, oder diese dazu bringen, die Kerneiweiße in Virus- bzw. Polyedereiweiße umzuwandeln und als solche oder um solche Körperchen zu kristallisieren, mag dahingestellt sein. Die Mannigfaltigkeit der Erscheinungsformen solcher Körperchen, die verschiedensten Arten der Umwandlungen, die Labilität ihrer Erscheinungen mag darauf zurückzuführen sein, daß sie nicht, wie zumeist die Zellen, einem übergeordneten Wirtsorganismus unterstehen. Wir haben es hier vielmehr mit Zellschmarotzern zu tun, deren letzte Einheiten aus Eiweißmolekülen bestehen und die auch schon als solche wahrscheinlich parasitisch wirken können. Ob man sie dem Leben zuordnet, hängt davon ab, ob man als Ausgang des Lebens die Zellen betrachtet oder ob man als Ausgangspunkt des Lebens die zu den wesentlichsten Bestandteilen der Zelle gehörigen Eiweißmoleküle nimmt.
- Schlagwörter
- Klassifikation444 (Viruskrankheiten)
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