Standardsignatur
Titel
Naturschutzfachliche Einschränkungen der Forstwirtschaft : Ökonomische Katastrophe oder Bagatelle?
Verfasser
Körperschaft
Universität Freiburg. Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
Erscheinungsort
Freiburg im Breisgau
Verlag
Erscheinungsjahr
2014
Seiten
103 S.
Material
Bandaufführung
Datensatznummer
183563
Quelle
Abstract
Im Rahmen des Verbundprojektes FFH-Impact werden im Teilprojekt "Restricted Forest Management" (ReForMa) die Auswirkungen bewertet, die sich durch die Umsetzung der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie für Deutschland ergeben. Dabei werden Veränderungen des Holzaufkommens sowie die resultierenden monetären Auswirkungen untersucht. Es wird ein methodischer Ansatz vorgestellt, der bestehende Datenquellen wie Bundeswaldinventur und FFH-Managementpläne einerseits sowie bewährte Instrumente wie den Waldwachstumssimulator "BWINPro", das Programm "Holzernte 7.1" und die Göttinger Annuitätentabellen andererseits in einem gesamthaften Bewertungsansatz kombiniert. Der gewählte Ansatz erlaubt dabei durch Anpassungen einzelner Module zukünftig eine vergleichsweise schnelle Aktualisierung der Bewertungen sowie die problemlose Durchführung von Variantenstudien, etwa für spezielle Restriktionsmuster. Im vorliegenden Bericht werden naturschutzfachliche Anforderungen zu allgemeinen Restriktionstypen verdichtet. Zu deren modellhafter Abbildung werden Szenarien entwickelt, die wesentliche Charakteristika geplanter FFH-Maßnahmen beinhalten. Aus den Managementplänen werden Restriktionsmuster, d.h. die flächenmäßige Bedeutung der Restriktionstypen innerhalb der spezifischen Lebensraumtypen, ermittelt. Aufbauend auf den Daten der BWI² werden für einzelne Baumarten und Bonitätsgruppen typische baumartenreine Bestände abgeleitet und Ausgleichsfunktionen für Zeitreihen wesentlicher Bestandeskennwerte berechnet. Auf Basis dieser Funktionen werden mithilfe des Programms "BWINPro" ertragskundliche Simulationen für ein an aktuellen Beständen orientiertes Referenzszenario und für die Behandlungsregime der Restriktionstypen durchgeführt. Die Simulationsergebnisse werden mit dem Programm "Holzernte 7.1" in marktfähige Sortimente sortiert und mit aktuellen Holzpreisen und Aufarbeitungskosten bewertet. Die daraus abgeleiteten erntekostenfreien Holzerlöse werden jeweils für ausscheidende und verbleibende Bestände bewertet und in die Göttinger Annuitätentabellen eingestellt. Als Zwischenergebnis liegen für wichtige Baumarten, getrennt nach Standortgüte und unterschiedlichen Behandlungsregimen, das durchschnittliche jährliche Holzaufkommen und die Annuitäten je Hektar vor. Diese Annuitätentabellen können daher bei der Bewertung realer Flächen und zum Vergleich von Umsetzungsvarianten eingesetzt werden. Zur Gesamtbetrachtung Deutschlands bzw. der Bundesländer werden für ein Referenzszenario hektarbezogene Holzaufkommen und Annuitäten auf die, an den BWI-Punkten verzeichnete, Baumartenverteilung angewendet. Für alle in FFH-Gebieten verorteten BWI-Punkte werden in weiteren Berechnungen Holzaufkommen und Annuitäten entsprechend der Restriktionsmuster des dortigen Lebensraumtyps verwendet. Durch Differenzbildung zwischen Referenzszenario und den Szenarien der Restriktionstypen werden die Auswirkungen für die Waldfläche Deutschlands im Hinblick auf die gesamthafte Holzproduktion und Annuität ermittelt. Entscheidend für die Bewertung der Konsequenzen naturschutzfachlicher Regelungen sind die Ausgangssituation der Bestände und die geforderten Maßnahmen. Bedingt durch die unterschiedlichen Wuchseigenschaften der Baumarten und die aus der Behandlung resultierenden Sortimente mit den jeweiligen Preisen, kann sich eine Vielzahl von Verschiebungen in der Wirtschaftlichkeit ergeben. Im direkten Vergleich der Hektarwerte für Holzaufkommen und Annuitäten zeigt sich ein prägender Einfluss von Baumart und Standortgüte. Entsprechend führen Maßnahmen, die Vorgaben bei der Wahl der Baumart beinhalten, zu großen prozentualen Änderungen bei beiden Vergleichswerten. Vorgaben der Baumart finden sich dabei in den Managementplänen flächendeckend in allen Waldlebensraumtypen und werden de facto auf nahezu der gesamten FFH-Fläche geplant. Da weite Teile dieser Flächen bereits mit der Zielbaumart bestockt sind, treten die markanten Differenzen der Annuitäten zwischen den Baumarten allerdings mit deutlich abgeschwächten Effekten in Erscheinung. In einzelnen Bundesländern weicht die momentane Bestockung jedoch teilweise erheblich von einer lebensraumtypischen Baumartenverteilung ab. Dort bedingen Vorgaben der Baumart entsprechend starke Differenzen für Holzaufkommen und Annuitäten. Sollen Standorte mit ertragreichen Baumarten in Bestände geringerer Wirtschaftlichkeit umgebaut werden, folgen hohe Opportunitätskosten. Werden jedoch Baumarten mit höheren möglichen Erträgen gefordert als sie die momentane Bestockung bieten, so ergeben sich positive ökonomische Auswirkungen. Insgesamt ergeben sich bei summarischer Betrachtung für Deutschland unter der aktuellen Bewirtschaftung eine modellierte Produktionsmenge von jährlich etwa 59 Mio. Erntefestmetern und ein errechneter Holzproduktionswert von insgesamt 1 551 Mio. € jährlich. Aus der Umsetzung der FFH-Richtlinie resultiert für die Berechnungsvariante, die den absoluten Formulierungen in den Managementplänen am konsequentesten folgt, bei der Holzproduktion eine Reduktion von insgesamt -482 000 Erntefestmetern. Für Deutschland entspricht dies einer Änderung von rund -0,8 %. Bezogen auf die Fläche der FFH-Gebiete sind dies ungefähr -5 % oder -0,3 Efm/ha/a. Für den Wert der Holzproduktion ergibt sich bundesweit eine Differenz von knapp -59 Mio. € pro Jahr oder -3,8 %. Bestände in FFH-Gebieten sind in der Folge mit einer durchschnittlichen Reduktion der Holzproduktionswerte um -26 % oder -36 €/ha/a belastet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen, die durch die Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland entstehen, müssen unter zwei Blickwinkeln bewertet werden. In jetziger Art und jetzigem Umfang sind die Auswirkungen für die Forstwirtschaft als Ganzes moderat und stellen keine substanzgefährdende Veränderung dar. Gleichwohl bedeutet die Umsetzung der Richtlinie eine Verringerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Branche. Für betroffene Waldflächen sind die Auswirkungen wesentlich gravierender. Die durchschnittliche Reduktion der Holzproduktionswerte erreicht eine Größenordnung, die eine fundamentale Beeinträchtigung betroffener Betriebe darstellt. Die vorliegenden Ergebnisse deuten dabei jedoch auch darauf hin, dass sich entstehende Opportunitätskosten durch die Nutzung von Handlungsoptionen minimieren lassen.