Infolge von Holzerntearbeiten können einzelne verbleibende Bäume eines Bestandes beschädigt werden. Meist wird dabei die Rinde verletzt. Diese Rindenschäden können zu Wundfäule und somit zu erheblichen ökonomischen Verlusten des Waldbesitzers führen. Inventurergebnisse legen offen, dass das Ausmaß von holzerntebedingten Rindenschäden in Baden-Württemberg beträchtlich ist: Etwa jeder vierte Baum ist beschädigt. Zur Reduzierung des hohen Schadniveaus ist es notwendig, während eines Hiebs weniger Rindenschälen zu verursachen. Ziele der vorliegenden Arbeit sind es, in einer für den öffentlichen Wald in Baden-Württemberg repräsentativen Auswertung die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Entstehung von Rindenschäden zu identifizieren, deren Einflussstärke zu quantifizieren sowie Rindenschäden zu prognostizieren. Da die Erstellung eines sowohl repräsentativen als auch detaillierten Datensatzes im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist, werden zwei unabhängige Datensätze verwendet: Die permanenten Betriebsinventuren in Baden-Württemberg (BI) sowie ein in Zusammenarbeit mit den forsttechnischen Stützpunkten durchgeführter Praxisversuch (SPV). Beide Datensätze sind durch ein Stichprobendesign gekennzeichnet und weisen spezifische Vorteile auf. Um diese zu nutzen, werden die Datensätze kombiniert. Insgesamt wird für die Modellierung auf etwa 160.000 (BI) beziehungsweise 20.000 (SPV) Einzelbaumbeobachtungen zurückgegriffen, die hinsichtlich des Auftretens holzerntebedingter Rindenschäden charakterisiert sind. Neben der Modellierung aller beschädigten Bäume, wobei die Schadcharakteristika weitgehend unerheblich sind, wird zusätzlich das Auftreten bodennaher (Rücke-) Schäden gesondert modelliert. Zur Kombination der beiden verwendeten Datensätze wird in einem ersten Schritt ein Modell auf Basis der Betriebsinventurdaten erstellt, das so genannte BI-Modell. Mit diesem Modell erfolgt für den SPV-Datensatz eine Vorausschätzung der Verletzungswahrscheinlichkeit der Bäume sowie der Schadanteile pro Hieb. Abweichungen zwischen geschätzten und beobachteten Schadanteilen werden als "Working Residuum" im zweiten Schritt (BI+SPV-Modelle) dahingehend untersucht, inwieweit zusätzliche Informationen, die für den Praxisversuch verfügbar sind, zur Erklärung beitragen können. Die Datensätze werden somit anhand einer residuenbasierten Analyse kombiniert. Im dritten Schritt werden dann alle identifizierten, wesentlichen unabhängigen Variablen anhand des SPV-Datensatzes neu parametrisiert (SPV-Modell). Die Modellierung der Verletzungswahrscheinlichkeit eines Baums erfolgt in den BI- und SPV-Modellen auf der Basis verallgemeinerter linearer gemischter Modelle (GLMM). Als Linkfunktion wird der LOGIT-Link verwendet. Als Modellgütekriterien dienen das Pseudo-BIC, die AUC, der Hosmer-Lemeshow-Test sowie ein Pseudo-R2. Die Modellierung des annähernd normalverteilten Working Residuums im BI+SPV-Modell erfolgt anhand eines multiplen linearen Modells (LM). Um zusätzlich einzelbaum- und stichprobenpunktbezogene Variablen des Praxisversuchs einzubeziehen, wird wiederum ein GLMM auf der Datengrundlage des Praxisversuchs erstellt, das die hiebsbezogene Schätzung aus dem BI+SPV-Modell als Versatzwert integriert (erweitertes BI+SPV-Modell). Die folgenden Faktoren nehmen, sortiert nach abnehmender Einflussstärke, Einfluss auf das untersuchte Schadereignis und sind auch für eine Prognose von Rindenschäden wichtig: mittlere Vorrückeentfemung, Abstand der Bäume zur Erschließungslinie, Entnahmeprozent, Baumart, Baum- beziehungsweise Bestandeshöhe, Arbeitsverfahren, Bestandesdichte und Stärke des ausscheidenden Bestands. Die Faktoren Hangneigung, Bestandesstärke, Durchforstungsturnus, Nadelbaum- oder Laubbaum-dominierter Bestand sowie Abweichung zwischen Fäll- und Vorrückerichtung nehmen ebenfalls Einfluss auf die Entstehung von Rindenschäden, sind jedoch für eine Prognose von Rindenschäden nicht relevant. Daraus lassen sich die folgenden konkreten Handlungsempfehlungen für Forstbetriebe ableiten: 1. Reduktion der Vorrückeentfernung durch: Zufällen, Kurzholzaushaltung und Herstellung optimaler Erschließungslinienabstände; 2. Reduzierung der Eingriffsintensität / Erhöhung des Durchforstungsturnus; 3. Förderung verletzungsresistenter Baumarten; 4. Anwendung Z-Baumorientierter Auslesedurchforstungen; 5. Verwendung angepasster Arbeitsverfahren. Abhängig von der Erschließung sind Kurzholz- (Rückegasse) oder Rohschaftverfahren (Maschinenweg) zu bevorzugen. Saftzeithiebe sind nicht schadträchtiger als Hiebe im Winter. Holzerntearbeiten können deshalb während des gesamten Jahres durchgeführt werden, was Forstbetrieben eine höhere Flexibilität verleiht. Die bisher unterlassene Schonung von Z-Bäumen muss dagegen Eingang in die forstliche Praxis finden. Die kombinierten BI+SPV-Modelle weisen im Vergleich zu den BI- und SPV-Modellen die höchsten Übereinstimmungen mit den im SPV beobachteten Schadanteilen auf und sollten somit für eine Prognose von Rindenschäden verwendet werden. Dabei wird innerhalb eines Fehlerrahmens von ±2 Prozentpunkten das Schadausmaß etwa jedes zweiten Hiebs korrekt vorhergesagt. Die restlichen Hiebe können auch mit den BI+SPV-Modellen nicht korrekt geschätzt werden, was bedeutet, dass es eine erhebliche unerklärte Reststreuung gibt. Mit Hilfe der Methode der gemischten Modellierung wird diese näher analysiert. Dabei zeigt sich, dass den so genannten "weichen" Faktoren, wie beispielsweise Aspekten zum ausführenden Personal oder organisatorischen Strukturen des Forstbetriebs, ein erheblicher Einfluss auf das Ausmaß neu verursachter Rindenschäden zugesprochen werden kann und muss.
461 (Schäden bei der Holzhauerei und Holzbringung) 852.1 (Holzfehler , die schon vor der Bearbeitung auftreten [mit Ausnahme der pflanzlichen und tierischen Schäden, die unter 852.4/.5 behandelt sind]) 31 (Holzeinschlag und -transport im allgemeinen) [430] (Deutschland, 1990-)