Nachdem wir die floristischen Verhältnisse des Mirnockzuges überblickt haben, stellen wir fest: der Mirnockzug zeigt die typische Flora der Gurktaler Alpen, in der tieferen Region vermehrt um Arten, die aus dem Süden und Osten zugewandert sind, in der alpinen Region vermindert um alle Arten, die dort nur in bedeutender Höhe und auf andersgeartetem Suibstrat vorkommen, in der tiefen Region also Bereicherung, in der alpinen Region auffälliger Verarmung. Ohne der eingehenden Untersuchung der nördlichen Alpengebiete vorgreifen zu wollen, können wir für eine Anzahl Pflanzen, die im südlichen Kärnten +/- häufig sind, in unserem Gebiete nördliche Verbreitungsgrenzen feststellen, so für Ostrya carpinifolia, Saponaria ocymodies, Anemone trifolia, Cardamine pentaphyllos, Sedum hispanicum, Sempervivum glaucum, Saxifraga Hostii und coneifolia, Aremonia agrimonoides, Medicago carstiensis, Angelica verticillaris, Prunella laciniata, Lamium orvala, Teucrium scorodonia, Fraxinus ornus, Campanual thyrsoidea, Carduus glaucus, Lactuca perennis, Crepis incarnata, Allium ursinum und Ornithogalum pyrenaicum. Noch weiter nach Norden ist Homogyne silvestris vorgedrungen, die von Paul Kohlmayr für die Umgebung von Kaning angegeben wird. Während der Würmeiszeit reichte das Eis des Draugletschers am Mirnock bis 1650 m Seehöhe, die Schneegrenze lag damals bei 1800 m; es blieb also ein schmaler Höhengürtel, der bis zur amberger Alpe reichte, sommersüber schneefrei. Dort konnte sich eine offenbar stark verarmte Vegetation erhalten, die aus ursprünglich bodenständigen und aus dem Westen und Norden vor der vordingenden Vergletscherung zurückweichenden elementen bestanden haben mag, und zwar mit Ausschluß aller kalkholden Gewächse, weil der Kalkboden unter dem Eise begraben lag. Vom Krastale ostwärts waren alle Höhen vom Eise überflutet, so daß dort alles Pflanzenleben verschwunden war. Nach dem Abschmelzen des Draugletschers und der lokalen Mirnockgletscherchen erfolgt die Neubesiedlung des Bodens aus dem Osten. Damals enstand das Seengebiet von Seebach-St. Magdalen und St. Leonhard, dmals auch die Moor- und Sumpfwiesenzone auf dem Südhange des Gebirges mit ihren hydrophilen Gewächsen, die vom Talboden ins Gebirge eine Abnahme der Artenzahl deutlich erkennen lassen, ohne daß neue Arten hinzutreten, weil diese Zone nicht in die alpine Region hinaufreicht. Die unteren Berghänge bekleideten sich zuerst mit einer Vegetation, die sich aus der verbliebenen Eiszeitflora und den neuen Ankömmlingen aus dem Osten zusammensetzte und im allgemeinen jener des heutigen Almweiden- und Karbezirkes entsprochen haben dürfte, jedoch wahrscheinlich reicher an alpinen Arten war. Wenn wir noch heute in tiefen Lagen Pflanzen finden, die sonst in der höheren Region ihr Optimum fiden, wie Homogyne alpina auf dem Wollanig, Oswaldiberg, Kumitzberg und noch bei Seebach, Cirsium heterophyllum und Veratrum album auf dem Wollanig und Oswaldiberg, Dianthus speciosus, Viola biflora, Rhododendron ferrugineum, Gentiana Kochiana, Ajuga pyramidalis, Campanula Wolanig), so bezeugen solche Vorkommen, daß die ehemals allgemeine Besiedlung der tiefen Gebirgslagen mit alpinen Gewächsen sehr wohl denkbar ist. Eine spätere Wärmeperiode bracht die pontisch-illyrisch-mediterranen Pflanzen in unser Gebiet, wo sie, insofern sie xerophilen Charakter tragen, besonders auf Kalkboden ihr Gedeihen fanden. Aber auch alle anderen Kalkpflanzen dürften damals günstige Verhältnisse für ihre Ausbreitung gefunden haben, denn das vorkommen der zahlreichn kalkholden Arten auf den gänzlich isolierten Weißwänden läßt sich m.E. nur erklären, wenn wir ihre ehemals allgemeine Verbreitung auf Schieferboden angnehmen und diese, als am ehesten wahrscheinlich, in die Zeit einer warmen Klimaperiode verlegen. Von den 43 Arten, die nach v. Beck pontischer Herkunft sind, erwähne ich als wichtigste Repräsentanten Ostrya carpinifolia, Fraxinus ornus, Aremonia agrimonoides, Prunella laciniata, Lamium orvala, Homogyne silvestris und Ornithogalum pyrenaicum, unter den wenigen Arten mediterraner Herkunft steht Saponaria ocymoides im Range obenan. Hatte die Periode des warmen Klimas in den tieferen Regionen eine beträchtliche Vermehrung der Artenzahl zur Folge, so dürfte sie die hochalpinen Gewächse auf ihre heutige geringe Artenzahl reduziert haben.