Die kurzwellige ultraviolette Strahlung der Sonne, die sogenannte UV-B-Strahlung (290-320 nm) hat - ausgelöst durch die Zerstörung der stratosphärischen Ozonschicht - in den letzen 15 Jahren an vielen Stellen der Erdobefläche zugenommen. Von dieser Entwicklung ist nicht nur die Antarktis betroffen, sondern auch die Nordhemisphäre, z. B. die Arktis oder die Alpen. Dadurch werden empfindliche Organismen zusätzlichem Stress ausgesetzt, der die ökologische Funktionsfähigkeit bestimmter Gewässertypen beeinträchtigen kann. Die UV-B-Strahlung, aber auch die längerwelllige UV-A-Strahlung (320-380 nm) gehören zwar seit jeher zu bestimmenden Faktoren für benthische und pelagische Lebensgemeinschaften, aber neben der Zerstörung der Ozonschicht wirken sich auch andere Umweltveränderungen wie z.B. die Gewässerversauerung oder die Klimaerwärmung auf die Eindringtiefe der UV-Strahlung aus. Die Zusammenhänge zwischen UV-Strahlung und Gewässertiefe bzw. Gewässereigenschaften werden dadurch kompliziert, dass sich mit zunehmender Tiefe die spektrale Zusammensetzung der einfallenden UV-Strahlung zu größeren Wellenlängen hin verschiebt, die Reaktion von Organismen auf UV aber extrem von der Wellenlänge abhängig ist. In der Regel ist die direkte Schadwirkung der UV-Strahlung um so höher, je niedriger die Wellenlänge, d.h. je energiereicher das Photon. Da jedoch gleichzeitig viel mehr langwelliges UV (UV-A) auf die Erdoberfläche fällt als UV-B, kann die UV-A-Strahlung die Wirkung der UV-B-Strahlung oft übertreffen. Die UV-A-Strahlung löst dabei sekundäre Effekte aus, wie z.B. die Bildung von Radikalen. In Gebirgsseen ist die Wirkung der UV-B-Strahlung aus zwei Gründen stärker als in Niederungen: erstens nimmt die UV-B-Strahlung pro km Höhe um ca. 15-20% zu, zweitens enthalten Seen oberhalb der Waldgrenze nur sehr wenig gelöste organische Substanz (DOM), vor allem aber sehr wenig an Gelbstoff, der UV-Strahlung wirkungsvoll absorbiert. Deshalb kommen in solchen Seen, die für die Alpen typisch sind und deren Chemismus bereits in mehreren Studien des BMLF festgehalten wurde, andere Mechanismen zum Tragen, die bisher in Niederungssen praktisch nicht untersucht wurden. Organismen, die in klaren Gebirgsseen leben, sind aus diesen Gründen besonders hoher UV-Strahlung ausgesetzt. Durch die erhöhte UV-Strahlung kann DOM photochemisch verstärkt abgebaut werden, sodass sich die Wirkung der zunehmenden UV-Strahlung auf Gewässerorganismen noch potenzieren kann. Da einige dieser Abbauprodukte akut oder chronisch toxische Wirkung ausüben, ist nicht nur der direkte, sonder auch der indirekte Effekt der Strahlung zu berücksichtigen. In Zusammenhang mit dem Abbau der Ozonschicht in der Stratosphäre und der erwarteten Zunahme der UV-B-Strahlung stellt sich daher die Frage, wie sehr Plankton-Organismen in solchen Gewässern der zunehmenden UV-Strahlung ausgesetzt sind bzw. welchen Schutz sie gegen die UV-Strahlung ausbilden können. Dabei geht es vor allem um spezifische UV-Schutzsubstanzen wie z.B. Scytonemin oder die Mycosporin-ähnlichen Aminosäuren (MAAs). Diese MAAs sind wasserlöslich und schützen optimal im Bereich von 310-360 nm. Sie waren bisher nur aus dem marinen Bereich bekannt, wurden jedoch 1999 zum ersten Mal in einem Hochgebirgssee Tirols gefunden. Carotinoide hingegen können manche Organismen vor den sekundären Wirkungen der Strahlung schützen, z. B. indem sie Radikale abfangen. Melanin wird von einigen Daphnien als Schutzpigment gebildet, es schützt sowohl gegen sichtbare als auch gegen ultraviolette Strahlung. In dem hier vorliegenden Bericht geht es darum, die für die Eindringtiefe der UV-Strahlung und für die Schutzfunktion wichtigen Faktoren an Hand einer Reihe von Seen vom Hochgebirge bis in mittlere Lagen zu dokumentieren und die Auswirkungen der UV-Strahlung auf österreichische Gewässer zu diskutieren. Im Detail geht es erstens um die Beschreibung bio-optischer Variablen, die die Eindringtiefe von UV-Strahlung in klare Hochgebirgssen bestimmen. Zweitens sollte ein empirisches Modell entwickelt werden, um die Koeffizienten der Eindringtiefe zu bestimmen oder abzuschätzen. Drittens sollten diese bio-optischen Bedingungen in Abhängigkeit von Höhengradienten, Unterschieden in der Wassersäule und saisonalen Veränderungen beschrieben werden. Viertens sollte Menge und Zusammensetzung UV-absorbierender Substanzen in Phyto- und Zooplankton bestimmt und deren Einfluss auf die UV-Transparenz des Wassers beschrieben werden. Fünftens schließlich sollte untersucht werden, ob es beim Phytoplankton eine altemative Strategie für den UV-Schutz gibt (Carotinoide). Dazu wurde eine Reihe von Seen in ganz Europa verglichen. Der Bericht gliedert sich in 2 Teile. Teil 1 beschäftigt sich mit der UV-Strahlung in alpinen Seen, und zwar mit a) der Höhenabhängigkeit der einfallenden Strahlung; b) den UV-absorbierenden Variablen und c) der Qualität der organischen Substanz im Wasser und der Rolle des Phytoplanktons für die UV-Abschwächung. Teil 2 geht auf die UV-Schutzsubstanzen oder MAAs ein.