Die öffentliche Finanzierung der Bereitstellung von Gütern und Leistungen des Waldes gewinnt im Hinblick auf die schlechte Finanzlage der öffentlichen Haushalte an Bedeutung. Während der Bund Sparmassnahmen einleitet, erhöht sich der Druck auf die Waldwirtschaft von zwei Seiten. Die tiefen Holzpreise, hohen Lohnkosten und schwierigen Bewirtschaftungsbedingungen zwingen die Forstbetriebe, den Gürtel enger zu schnallen, während die gesellschaftlichen Bedürfnisse an den Wald eher einen Ausbau des ,Service public' (Infrastruktur für Erholungszwecke etc.) fordern. Was aber kosten die öffentlichen Leistungen und wer bezahlt sie? Wohin fliessen diese Gelder und was bewirken sie? Die schweizerische Waldpolitik ist seit 1874 eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen. Durch die alte Bundesverfassung (1874) wurden Bund und Kantone zu einer föderativen, sich gegenseitig ergänzenden Forstgesetzgebung verpflichtet. Die strategische Führungsaufgabe des Bundes in der Waldpolitik wurde durch das neue Waldgesetz (1991) und die neue Bundesverfassung (1999) zusätzlich gestärkt. Ein Beispiel für diese Neuorientierung stellt das Projekt effor2 dar, mit dem der Wechsel von der einzelprojektbezogenen subsidiären Finanzierung der kantonalen Waldpolitik zu einer strategischen Steuerung mittels Leistungsvereinbarungen erprobt wird. Wie die Waldpolitiken von Bund, Kantonen und Gemeinden zusammenwirken, und welchen Beitrag sie zur Erfüllung der Oberziele der Waldpolitik (,Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen') beitragen, ist nicht bekannt. Bis heute wurde keine systematische Evaluation der schweizerischen Waldpolitik durchgeführt. Mit dem vorliegenden Arbeitsbericht zum zweiten Projektteil des EU-Projektes EFFE (Evaluating Financing of Forestry in Europe) soll die Transparenz der öffentlichen Finanzierung der Bereitstellung von Gütern und Leistungen des Waldes in der Schweiz verbessert werden. Primäres Ziel des zweiten Projektteils ist die Erstellung einer Finanzflussrechnung rund um den Wald, um die Frage "Wer zahlt wie viel wofür und an wen?" zu beantworten. Den methodischen Rahmen bildet die Inzidenzanalyse, ein Instrument, welches zur Erfassung der Verteilungswirkungen von staatlichen Budgets entwickelt wurde. Datengrundlage ist die Finanzstatistik, die von der eidgenössischen Finanzverwaltung auf Basis der öffentlichen Rechnung von Bund, Kantonen und Gemeinden erstellt wird. Das Finanzflussschema unterscheidet zwischen Gebern (source) und Empfängern (sink) von öffentlichen Geldern. Zu den Gebern zählen die öffentlichen Haushalte, also Bund, Kantone und Gemeinden. Die Geldgeber können mit Einschränkung als Leistungsbesteller interpretiert werden. Bei den Empfängern wurden fünf Kategorien (EK) definiert: l. die EK ,Forstverwaltung und Forstdienste', 2. die EK externe Dienstleister', 3. die EK ,Forstbetriebe von Bund, Kantonen oder Gemeinden', 4. die EK ,Bürgergemeinden und Korporationen' und 5. die EK ,Privatwaldeigentümer'. Die Empfänger können mit Einschränkung als Leistungserbringer interpretiert werden. Im Finanzflussschema werden die monetären Beträge der Geber bzw. Leistungsbesteller (Terminus: finanzielle Nettobelastung) den monetären Beträgen der Empfanger bzw. Leistungserbringer (Terminus: Nettofinanzierung) gegenübergestellt. Die aus dieser Zusammenstellung gewonnenen Ergebnisse haben jedoch aufgrund der uneinheitlichen Datenquellengrundlage nur vorläufigen Charakter und sind deshalb mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. 1980-1989 beträgt die aggregierte finanzielle Nettobelastung der öffentlichen Haushalte für den Wald 1'690 Mio. SFr. Davon tragen die Kantone 52%, der Bund 39% und die Gemeinden 9%. 1990-1999 beträgt die aggregierte finanzielle Nettobelastung 5'780 Mio. SFr. Der Bund trägt den grössten Anteil (44%), gefolgt von den Kantonen (32%) und den Gemeinden (24%)). Im Vergleich der Zehnjahresdurchschnitte von 1980-1989 und 1990-1999 steigt die Nettobelastung der öffentlichen Hand insgesamt von 169 auf 578 Mio. SFr./J. an. Die Nettobelastung auf Bundesebene nimmt dabei am stärksten zu, nämlich von 65 auf 253 Mio. SFr./J., diejenige der Gemeinden am zweitstärksten von 16 auf 138 Mio. SFr./J. und diejenige der Kantone am wenigsten von 88 auf 187 Mio. SFr./J. Wohin fliessen diese öffentlichen Finanzen? 1980-1989 geht der grösste Anteil an die EK ,externe Dienstleister' (51%), gefolgt von der EK ,Forstverwaltung und Forstdienste' (31%), der EK ,Privatwaldeigentümer' (18%) und der EK ,Bürgergemeinden und Korporationen' (8%), während die EK ,Forstbetriebe von Bund, Kantonen oder Gemeinden' noch keine Finanzierung nötig hatte, sondern sogar Einnahmen abwarf (-8%). 1990-1999 stellt sich die Situation stark verändert dar: Der grösste Anteil der Nettofinanzierung geht an die EK ,Forstbetriebe von Bund, Kantonen oder Gemeinden' (31%), gefolgt von der EK ,Forstverwaltung und Forstdienste' (25%), der EK ,exteme Dienstleister' (18%) und der EK ,Privatwaldeigentümer' (14%), während die relative Bedeutung der EK ,Bürgergemeinden und Korporationen' leicht gestiegen ist (12%). Am stärksten zugenommen im Zehnjahresdurchschnitt hat somit die Nettofinanzierung der EK ,Forstbetriebe von Bund, Kantonen und Gemeinden'. Diese erwirtschafteten 1980-1989 noch durchschnittlich 14 Mio. SFr./J. an Einnahmen, wurden dann aber in den Jahren 1990-1999 von der öffentlichen Hand mit 176 Mio. SFr./ J. finanziert. Am zweitstärksten zugenommen hat die Nettofinanzierung der EK ,Forstverwaltung und Forstdienste' mit einem Anstieg von 53 auf 144 Mio. SFr./ J. An dritter Stelle steht die EK ,Bürgergemeinden und Korporationen' mit einer Zunahme von 14 auf 72 Mio. SFr./J. und an vierter Stelle die EK „Privatwaldeigentümer" mit einer Zunahme von 30 auf 80 Mio. SFr./J. Den geringsten Anstieg verzeichnet die EK ,externe Dienstleister' mit einer Zunahme von 85 auf 105 Mio. SFr. Die Zeitreihen der Nettobelastung der Geber sowie der Nettofinanzierung der Empfänger erlauben eine differenziertere Beurteilung. Einerseits zeigen sie, dass die hohen Werte 1990-1999 stark mit dem Sturm Vivian zusammenhängen, andererseits wird sichtbar, dass sich die Nettobelastungen von Bund (351 Mio. SFr.) und Kantonen (310 Mia. SFr.) nach Sturm Vivian bis 1999 im Vergleich zu den 1980er Jahren stabilisiert haben. Die Nettobelastung der Gemeinden, welche sich nach dem Sturm Vivian von der Entwicklung von Bund und Kantonen abkoppelt, erreicht ihr Maximum im Jahr 1994 (238 Mio. SFr.) und nimmt danach ab. Die Nettofinanzierung der EK ,Forstverwaltung / Forstdienste' sowie der EK ,Forstbetriebe' ist 1994 am grössten (171 bzw. 267 Mio. SFr.) und nimmt danach kontinuierlich ab. Während man bei den EK ,externe Dienstleister' und der EK ,Bürgergemeinden und Korporationen' von einer Stabilisierung in den 1990er Jahren sprechen kann, pendelt sich die Nettofinanzierung der EK ,Privatwaldeigentümer' nach 1994 wieder auf dem Niveau von Mitte der 1980er Jahre ein, nachdem Vivian zu einem starken Ausschlag geführt hatte. Die massive Erhöhung der öffentlichen Ausgaben für den Wald und der Rückgang der Einnahmen fallen mit der neuen Waldpolitik zusammen, die in den 1980er Jahren mit zwei Bundesbeschlüssen eingeleitet und mit dem neuen Waldgesetz (1991) konsolidiert wurde. Die Ergebnisse dieser erstmaligen Bestandesaufhahme und Auswertung der öffentlichen Finanzen rund um den Wald haben aufgrund der unvollständigen und teilweise inkonsistenten Daten vorläufigen Charakter. Sie sind mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren und werfen viele weitere Fragen auf. Gleichwohl stellen sie einen Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Evaluation der Schweizer Waldpolitik dar.