- Standardsignatur638
- TitelBestockungsaufbau und Baumartenwandel nordischer Urwälder dargestellt an Beispielen aus Nordwestalberta/Kanada : Veröffentlichung aus dem Waldbau-Institut der Bayerischen Forstlichen Forschungsanstalt
- Verfasser
- ErscheinungsortBerlin, Hamburg
- Verlag
- Erscheinungsjahr1956
- Seiten96 S.
- Illustrationen15 Abb., 11 Tab., zahlr. Lit. Ang.
- MaterialBandaufführung
- Datensatznummer151413
- Quelle
- AbstractAuf Grund der Eindrücke und Erfahrungen und an Hand der Ergebnisse von Bestandsaufnahmen während einiger Monate wurde versucht, die Naturwälder des nordwestlichen Alberta zu beschreiben und ihren Lebensrhythmus darzustellen. Bei der Weite des Raumes und der Vielfalt seiner Wälder mußte dieser Versuch unvollkommen bleiben. Noch sind die Kenntnisse zu gering, um ein umfassendes Bild dieser Wälder und der Lebensvorgänge in ihnen entwerfen zu können, sie reichen aber aus, Zusammensetzung, Aufbau und Leistung annähernd zu bestimmen, wie vor allem die Dynamik zu erkennen, der diese Wälder folgen. Zwangsläufig verschob sich damit das Schwergewicht der Arbeit von der Analyse des Einzelfalles zur erfassung großflächiger Waldentwicklung und damit von einer statistischen Betrachtung zum Versuch, die dynmaischen Vorgänge zu erkennen. Der Fichten-Pappel-Tannen-Wald ist im Nordwesten Albertas die höchste Entwicklungsstufe des Waldes. Ist diese Waldform erreicht, so bleiben Zusammensetzung, Aufbau und Leistung von einer zur anderen Generation stabil. Diese Stabilität darf aber nicht gleichgesetzt werden einer statik. Innerhalb einer Generation sind die Bestände einer ihnen eigenen Dynamik unterworfen, aus der erst ihre Stabilität erklärlich wird. Dem vielschichtigen Bestandesaufbau während der Reife muß im alter ein Stadium folgen, das über einschichtige Formen zur Auflösung der Bestände führt, aus der dann die neue Generation in gleicher Zusammensetzung entsteht. Der Generationswechsel vollzieht sich kurzfristig und kleinflächig. Kennzeichnend für den Klimax ist auch, daß die Standortsunterschiede unter seinem Mangel verwischt werden und sich in den Bestockungen nur mehr undeutlich ausprägen. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie trotzdem gegeben sind und sofort in Erscheinung treten sowie die einnivellierende Wirkung dieser Bestockung fehlt. Daß in der borealen Zone Nordalbertas diese stetige Folge der Generation häufig abrupt unterbrochen wird, geht zu Lasten des Waldbrandes. Wo der Brand Freiflächen schuf, vermag die im Klimax herrschende Baumart nicht den bisher besiedelten Standort sofort wieder einzunehmen. Härtere, unempfindlichere Baumarten haben die Aufgabe der Wiederbesiedelung zu übernehmen. Das Areal kann daher dem Wald nur durch einen völligen Wechsel der Bestockung erhalten bleiben. Je nach den Standortsunterschieden, die nun klar zu Tage treten, sind die Erstbestockungen nach Brand unterschiedlich zusammengesetzt; einheitlich kennzeichnet sie aber ein einschichtiger Aufbau. Erst wenn die Freiflächensiedler ihre aufgabe gelöst haben, können die Baumarten der hochentwickelten Waldform ihre Rückwanderung beginnen. Art und Zeit dieses Vorganges passen sich den Standortsgegebenheiten an. Die einschichtigen Bestände werden abgelöst durch stufige, in denen lichtbedürftige und schattenertragende Baumarten sich mischen, und sie gehen wieder über in vielschichtige Bestockungen, in denen eindeutig die Fichte dominiert. Die Länge des Zeitraumes, die zu dieser Umformung benötigt wird, läßt die tiefgreifende Einwirkung erfassen, die der Brand auf die Lebensgemeinschaft des Waldes übt. Im Grunde vollzieht sich großflächig und langfristig nichts anderes als in der Verjüngungsphase der Fichten-Pappel-Tannen-Wälder kleinflächig und kurzfristig. Die Verjüngung im Klimax und der Brand mit seiner schroffen Änderungen und der langen Rückentwicklung, die er auslöst, sind dem Naturwald eigene Vorgänge der Erneuerung. Wohl stellt der Brand für die betroffene Generation eine Katastrophe dar, nicht aber für den Wald an sich. Die Ergebnisse können in zweierlei Richtung von Nutzen sein: Die Schäden sind heute erkannt, die statisches Denken und starre Schemata dem Wald zufügten. Die Schäden in kranken Wäldern zu heilen und in gesunden zu verhindern muß eines der Hauptziele unseres Waldbaus sein. Wege hierzu kann uns am besten die ungestörte Lebensgemeinschaft des Urwaldes weisen. Über diese allgemeine Bedeutung hinaus haben die Erkenntnisse Wert für den Untersuchungsraum selbst. Die Waldgebiete Nordwestalbertas liegen heute erst zu einem kleinen Teil innerhalb eines Bereiches, der ihre wirtschaftliche Ausnutzung gestattet. Jährlich aber verbreitet sich dieser Bereich, und es scheint die Zeit nicht mehr fern, in der die ganze Weite dieser Wälder aufgeschlossen und bewirtschaftet werden kann. Der Forstwirtschaft Albertas wird dies die schöne und schwere Aufgabe stellen, Naturwälder in Wirtschaftswälder zu überführen. Befriedigend wird sich diese Aufgabe nur lösen lassen, wenn dabei den Lebensgesetzen dieser Wälder Rechnung getragen, wenn mit und nicht gegen die Natur gearbeitet wird. Die Möglichkeit ist gegeben, Fehler zu vermeiden, die in der Vergangenheit auf riesigen Flächen zu unermeßlichen Schäden geführt haben. Möge für die Zukunft auch hier das Göthe-Wort-Richtschnur sein, das Köstler (1955) als stete Mahnung an den Schluß seines Waldbaus gestellt hat: "Unsere ganze Aufmerksamkeit muß aber darauf gerichtet sein, der Natur ihre Verfahren abzulauschen, damit wir sie durch zwängende Vorschrift nicht widerspenstig machen, aber uns durch ihre Willkür nicht vom Ziele entfernen lassen."
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