Mit rund 35.000 Taxa stellen Medizinalpflanzen den größten Anteil der weltweit durch den Menschen genutzten Pflanzenarten. 28% aller Pflanzenarten werden laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) für medizinale Zwecke verwendet und machen so einen großen Prozentsatz der globalen pflanzlichen Biodiversität aus. Ein erheblicher Anteil an Wirkstoffen aus Medizinalpflanzen wird heutzutage noch aus Wildsammlungen gewonnen, da synthetische Herstellungen zu teuer bzw. für viele Bevölkerungsgruppen nicht zugänglich sind. Bei Pflanzen, die überwiegend außerhalb der Ursprungsländer gehandelt werden, kann die internationale Nachfrage zu einer unkontrollierten Ausbeutung und somit zu einer erheblichen Abnahme der Populationsgrößen und -dichten führen. Dies ist insbesondere gegeben, wenn nicht leicht nachwachsende Pflanzenteile, wie z.B. Wurzeln, die medizinisch wirksamen Bestandteile enthalten. Ein Beispiel hierfür ist Harpagophytum procumbens, eine im südlichen Afrika endemisch vorkommende, traditionelle Medizinalpflanze der San und das Studienobjekt dieser Arbeit. Seitdem die Art seit ca. 1960 auf dem internationalen Markt gehandelt wird, ist ein Anstieg der Sammlung von Wildmaterial und eine starke Zunahme der Nachfrage insbesondere auf dem europäischen Markt zu verzeichnen. Heute werden Exportmengen von über 1.000 t getrocknetem Rohmaterial pro Jahr erreicht, die v.a. aus Namibia, aber auch aus Botswana und Südafrika stammen. Der handelsbedingte Rückgang und die damit möglicherweise einhergehende Gefährdung der natürlichen Ressource führte 1999 gemeinsam mit dem generellen Wissensdefizit über die Ökologie und Verbreitung der Art zu diesem, vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Forschungsprojekt. Im Mittelpunkt der Studie stehen Fragen nach dem Status der Ressource, einem potentiellen Rückgang der natürlichen Populationen durch Wildsammlung und die Nachhaltigkeit der Nutzung. Hierzu wurden 96 Ein-Quadratkilometer große Untersuchungsflächen auf privatem und kommunalem Farmland in Namibia und Südafrika beprobt, Interviews mit Namibianischen Farmern und eine Wieder-Begutachtung von ehemaligen Aufsammlungsstellen durchgeführt, sowie eine Analyse der Sozioökonomie der Sammler, der Handelsstrukturen (unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Importe) und der geltenden Gesetzgebungen in den drei Ursprungsländern durchgeführt. Folgende Fragen konnten mit dieser Arbeit beantwortet werden: (a) Wie ist das Vorkommen und der Ressourcenstatus von Harpagophytum procumbens? (b) In welchen räumlichen Mustern und Dichten tritt Harpagophytum procumbens auf? (c) In welchen Gebieten liegen die Schwerpunkte der Nutzung, und (d) lassen sich Unterschiede in der Nutzung der Wildbestände zwischen Gebieten mit kommunalem und privatem Landbesitz feststellen? (e) Welche Sammelmethoden können eine nachhaltige Nutzung der Ressource sicherstellen? (f) Wie ist die Struktur der Handelsketten sowie die Höhe und Tendenzen der Ein- und Ausfuhrmengen?