Aufgabe dieser Arbeit ist es, eine im Jahr 2006 von Kniepert, Schmid und Weiß im Auftrag des Landesrechnungshofes Oberösterreich erstellte Studie zu Perspektiven der dortigen agrarischen Förderpolitik bis 2020 auf ihre Gültigkeit im Lichte neuerer Entwicklungen hin zu überprüfen. Für die damalige Arbeit war das Betriebsoptimierungssystem FAMOS eingesetzt worden. Durch dieses System kann simuliert werden, wie sich eine repräsentative Auswahl landwirtschaftlicher Betriebe unter sich verändernden technologischen, preislichen und förderpolitischen Bedingungen entwickelt. Zentrales Ergebnis dabei war, dass sich die landwirtschaftlichen Einkommen ohne einen fortgesetzten Strukturwandel nicht ohne zusätzliche agrarpolitische Eingriffe auf einem in der übrigen Wirtschaft geltenden Entwicklungspfad werden halten können. Dieses Ergebnis wurde für alle Betriebsschwerpunkte mit nur leichten Unterschieden festgestellt. Eine der zentralen Annahmen der Studie von Kniepert/Schmid/Weiß von 2006, nämlich die zu internationalen und damit auch den oberösterreichischen Agrarpreisentwicklungen, lässt sich im Lichte der Entwicklung der vergangenen zwei Jahre nun nicht mehr aufrecht erhalten. Entgegen der Annahme haben sich die Preise nicht mehr oder minder entsprechend des langjährigen Trends entwickelt. Vielmehr sind die Preise für Getreide, Ölsaaten und Milchprodukte außerordentlich stark gestiegen. Für Tiere hingegen haben sich die Preise eher moderat entwickelt. Aus diesen Veränderungen ergeben sich in der Folge auch mögliche Anpassungen der förderpolitischen Annahmen. Der unerwartet starke Anstieg wichtiger Agrarpreise der vergangen zwei Jahre könnte nun die Erwartung nähren, dass sich die Einkommen der Landwirtschaft erholen könnten und dass damit der langjährige Trend des Strukturwandels letztlich gebrochen sei. Neue Entwicklungspfade für die Landwirtschaft könnten sich eröffnen. In der hiermit vorgelegten Arbeit wird argumentiert, dass sich der Revisionsbedarf für die Preisannahmen entscheidend aus der sprunghaft steigenden Nachfrage nach Getreide und Ölsaaten zur Energiegewinnung ergeben hat, und damit im Prinzip seinerseits agrar- und energiepolitisch induziert ist. Andere vielfach genannte Gründe für Preissteigerungen (Bevölkerungswachstum, Kaufkraftanstieg in Schwellenländem etc.) spielen selbstverständlich auch eine Rolle für die steigende Nachfrage nach Agrarprodukten und damit auch für die Preisbildung auf diesen Märkten; diese Faktoren waren aber bereits in den ursprünglichen Vorschätzungen ausreichend berücksichtigt und sie waren von der Produktionsseite auch ausreichend antizipiert worden. Internationale Preisentwicklungen sind nunmehr möglicherweise stärkeren Schwankungen unterworfen (Entdeckung durch die Finanzmärkte; Rückzug der Agrarpolitik von der Aufgabe der Preisstabilisierung). Eine Rückkehr zum langfristigen Trend der real rückläufigen Preise ist durchaus erwartbar, wenn insbesondere nachwachsende Rohstoffe der sog. Zweiten Generation zur Methanolproduktion herangezogen werden können, wenn der Gentechnik mehr Möglichkeiten gegeben werden und insbesondere, wenn Energie- und Klimapolitiken auf die aktuellen Entwicklungen angemessen reagieren bzw. ein fortgesetztes Überschießen ihrer Maßnahmen zur Substitution von Erdöl verhindern. Umgekehrt könnte eine weitere Forcierung dieser Politik in der Tat unabsehbare Probleme schaffen. In dieser Arbeit wird weiters gezeigt, dass die internationalen Preisentwicklungen zwar durchaus auch auf die oberösterreichischen Märkte durchschlagen konnten, dass dies aber letztlich für die Landwirtschaft in diesem Bundesland zumindest bislang kaum positive Auswirkungen auf die Einkommensentwicklung haben konnte. Lediglich der mit 9% des gesamten Produktionswertes eher kleine Bereich der Getreide- und Ölsaatenproduktion kann als Nutznießer gelten, ebenso wie der Bereich der Milchviehhaltung, insofern er vorwiegend auf der Basis von Grünland wirtschaftet. Nur wenn insbesondere die Schweinepreise sich von ihrem gegenwärtigen Tief erholen könnten, wäre tatsächlich von einer deutlichen Verbesserung der Einkommenssituation für die oberösterreichische Landwirtschaft insgesamt zu sprechen. Eine solche Preisentwicklung wird bspw. von FAPRI auch für die kommenden Jahre nicht angenommen, sollte aber für Vorschätzungsüberlegungen trotzdem nicht ausgeschlossen werden. Die Annahmen der Studie von 2006 zu technologischen Entwicklungen sind insofern berührt, als mit höheren Preisen und einem aktuell starken Nachfrageüberhang höhere Steigerungsraten als bislang anzunehmen sind. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um den Einsatz der Gentechnik. Für die Förderpolitik war in der Studie von 2006 eine weitgehende Fortschreibung der bestehenden Politik angenommen worden. D.h. zum Einen eine Fortführung der Annäherung der heimischen Preise an die Weltmarktpreise und zum Anderen die Aufrechterhaltung der Betriebsprämie über das Jahr 2013 hinaus bis 2020. Auch alle anderen Förderprogramme waren praktisch fixiert worden. Diese Annahmen könnten nun angesichts der bekannten Preissteigerung bzw. angesichts der Veränderung des Preisgefüges grundsätzlich neu überdacht werden. So laden ein weltweiter Nachfrageüberhang sowie steigende Weltmarktpreise zunächst zum Festhalten an der Politik der Weltmarktintegration ein; insoweit sind die entsprechenden Annahmen also nicht zu revidieren. Andererseits scheint die Fortführung der Betriebsprämie in ihrer vollen Höhe über 2013 politisch angesichts der "Preisexplosionen" zumindest auf den ersten Blick nur mehr schwer durchsetzbar. Ursprünglich errechnete sie sich bekanntermaßen als Ausgleich für Preissenkungen, womit ihr Preissteigerungen die eigentliche Begründung entziehen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass die oberösterreichische Landwirtschaft bislang nur in eher kleinen Teilen von den Preissteigerungen profitieren konnte. Entsprechend wäre möglicherweise eine differenziertere Fortführung der Betriebsprämie zu diskutieren bzw. in Annahmen für Modellrechnungen umzusetzen. Für die zur Diskussion stehenden Preise und Förderungen kann jedenfalls erwartet werden, dass sie sich im Prinzip zueinander verhalten wie Flüssigkeiten in einem System kommunizierender Röhren: Selbst eine - bislang für die Landwirtschaft insgesamt nicht erreichte - Besserstellung aufgrund des internationalen Preisauftriebs würde aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer Verringerung der Bereitschaft zur Förderung der Landwirtschaft führen. Dass sich die landwirtschaftlichen Einkommen in den vergangenen zwei Jahre in Oberösterreich gemessen an den Preisexplosionen" tatsächlich enttäuschend entwickelt haben, wird eine allgemeinpoltische Vemittlung agrarpolitsicher Ziele nicht leichter machen. In jedem Fall wird eine sehr differenzierte und kreative Diskussion zur Aufrechterhaltung des bestehenden Förderniveaus notwendig sein. Zusätzlicher Spielraum zur Verlangsamung des säkularen Strukturwandels wird damit kaum gegeben sein.
941 (Staatliche Subventionen. Versorgung mit Land, Saatgut, Pflanzmaterial usw. kostenlos oder zu geringem Preis.) 64 (Forstliche Betriebswirtschaft, Allgemeines [Betriebswirtschaftliche Fragen besonderer Fälle, z.B. Weihnachtsbäume, Pflanzenerziehung und Samengewinnung, Jagd usw. Kreuzverweise zu den einschlägigen Titeln der Klassifikation]) [436.4] (Oberösterreich)