Gemäß der Europäischen Kommission kann die Wahlfreiheit für Landwirte zwischen gentechnisch veränderten, konventionellen und biologischen Produktionssystemen durch ausschließlich wirtschaftliche Aspekte des landwirtschaftlichen Anbaus sichergestellt werden (Koexistenz). Diese Auslegung des Koexistenzbegriffs durch die Europäische Kommission greift jedoch aus Umwelt- bzw. Naturschutzsicht aus mehreren Gründen zu kurz. Einerseits verbleiben Unsicherheiten aus der Risikoabschätzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im EU-weiten Zulassungsverfahren, andererseits besteht die Notwendigkeit für die Überwachung unerwarteter Umwelteffekte nach dem Inverkehrbringen eines GVO. Weiters sind relevante europarechtliche und nationalrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, wie z. B. Schutzverpflichtungen für naturschutzrechtlich geschützte Gebiete und Arten oder die Aufrechterhaltung des biologischen Landbaus. In der vorliegenden Studie wird die Relevanz von Umwelt- und Naturschutzaspekten beim Anbau von GVO dargestellt und analysiert. Verschiedene Rechtsvorschriften, Berichte und Empfehlungen von Institutionen der Europäischen Union zur Gentechnik sowie nationalstaatliche Rechtstexte zu gentechnik- bzw. naturschutzspezifischen Regelungen werden für die Analyse herangezogen und ihre Relevanz für die vorliegende Fragestellung aufgezeigt. Weiters werden naturwissenschaftliche Grundlagen für die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Naturschutzfragen beim Einsatz von GVO erörtert und räumliche Überschneidungsbereiche mit naturschutzrechtlich geschützten Gebieten unterschiedlicher Schutzgebietskategorien sowie dem Biolandbau und benachteiligten Gebieten thematisiert. Schließlich werden mögliche Szenarien zur Berücksichtigung von Naturschutzfragen in der Frage des Anbaus von GVO vorgeschlagen und bewertet. Diese beinhalten unterschiedliche Strategien, wie die Berücksichtigung von Fragen des Naturschutzes während des Zulassungsverfahrens auf EU-Ebene, nach dem EU-weiten Zulassungsverfahren auf Länderebene durch die Gentechnik-Vorsorgegesetze oder aufgrund von spezifischen Vorgaben, Prüfungspflichten bzw. Auflagen bei GVO-Anbau in naturschutzrechtlichen geschützten Gebieten. Schlussendlich werden Abstimmungsnotwendigkeiten zwischen den zuständigen Behörden auf Bundes- und Länderebene aufgezeigt und offene Fragen bzw. notwendiger Klärungsbedarf bezüglich der weiteren Vorgangsweise angemerkt. Die Studie stellt daher eine wesentliche Grundlage für die praktische Umsetzung der oben genannten Szenarien dar, damit Naturschutzfragen zukünftig verstärkt in die Debatte zum Anbau von GVO eingebracht werden können.