Die Heideflächen des Naturschutzgebiets Lüneburger Heide, in Nordwestdeutschland gelegen, sind charakteristisch für die vormals großflächig verbreiteten Heidelandschaften des stark durch eiszeitliche Prozesse beeinflussten mitteleuropäischen Tieflands. Im Verbund der vielfältigen Lebensräume dieser Altmoränenlandschaft, Wälder, Bachtäler, Moore, Wiesen, Weiden und Äcker, bilden die verbliebenen knapp 5.100 ha großen Heiden das aus überregionaler Sicht wohl markanteste Ökosystem. In der weiträumigen und offenen Heidelandschaft mit ihren zahlreichen Übergangsbereichen zu anderen Lebensräumen findet sich eine hohe Zahl spezifisch angepasster und heute vielfach im Bestand gefährdeter Pflanzen- und Tierarten. Im Mittelpunkt der knapp 5ooo-jährigen Nutzungsgeschichte des Gebiets steht das Bemühen der sich ansiedelnden Menschen, Nährstoffe zu konzentrieren, um trotz der vorhandenen Nährstoffarmut der Sandböden Ackerbau betreiben zu können. Zunächst erfolgte dies über Brandrodung und Beweidung kleinerer Partien des ursprünglichen Waldes, später dann vor allem durch Beweidung der sich unter lichten Verhältnissen ausbreitenden Heideflächen mit Heidschnuckenherden und Ausbringung des gesammelten Dungs der Tiere auf kleinflächigen Äckern. Angebaut wurden vor allem Roggen, Sandhafer und Buchweizen. Die Mahd von Heidebeständen erbrachte wichtiges zusätzliches Winterfutter und Einstreumaterial. Seit dem Mittelalter wurde die Heide abgeplaggt, d.h. Heidepflanzen wurden mitsamt der organischen Bodenauflage abgetragen, um notwendiges Einstreumaterial für die Schafställe zu gewinnen. Als Nebennutzung dieser aus heutiger Sicht historischen Heidebauernwirtschaft wurde auf den ausgedehnten Heideflächen auch Imkerei betrieben. Relikte dieser Landnutzungsgeschichte sind als Bau- und Bodendenkmale noch heute reich in der Landschaft vorhanden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts verlor die Heidebauernwirtschaft ihre ökonomische Tragfähigkeit. Gründe hierfür waren vor allem die Einführung von Kunstdünger und der Import von Konkurrenzprodukten. Der überwiegende Teil der Heideflächen wurde vor allem mit Kiefern aufgeforstet, so dass es zu einem starken Rückgang der Heiden kam. Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgten im Bereich des heutigen Naturschutzgebiets Lüneburger Heide erste Flächenankäufe durch den 1909 gegründeten Verein Naturschutzpark, der sich dem Schutz der Heiden durch Gründung eines Naturschutzparks verschrieben hatte. Diese Flächenankäufe dauerten nach Ausweisung des Gebiets als Naturschutzgebiet im Jahr 1922 an und werden auch heute noch fortgesetzt. Die Erhaltung der Heideflächen ist derzeit durch eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen von der regionalen bis zur europäischen Ebene vorgeschrieben. Ihre Gefährdung besteht vor allern in erhöhten Nährstoffeinträgen aus der Luft bzw. in der ausbleibenden oder unsachgemäßen Anwendung von Heidepflegemaßnahmen. Im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide werden zur Heidepflege vor allem die Beweidung mit Heidschnucken, maschinelle Pflegemaßnahmen wie Mähen oder Plaggen und der kontrollierte Feuereinsatz im Winterhalbjahr durchgeführt. Diese Pflegemaßnahmen orientieren sich in ihrer Wirkung an historischen Bewirtschaftungsverfahren. In Kombination verschiedener Verfahren bewirken sie einen ausreichenden Austrag von Nährstoffen aus den Heideflächen und sorgen für die notwendige Verjüngung der Besenheide. Der Verein Naturschutzpark führt die Heidepflege auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen durch. Die Kosten werden überwiegend mit öffentlichen Geldern gedeckt. Zur Kostensenkung wird versucht, die Verfahren ständig zu optimieren, neue Vermarktungswege für Produkte der Heidepflege zu erschließen bzw. die Heidepflege in die ebenfalls vom Verein Naturschutzpark großflächig betriebene ökologische Landbewirtschaftung zu integrieren. Mit modernen Ansätzen nachhaltiger Landnutzung ist man bemüht, die besonderen Strukturen und Funktionen dieser über Jahrtausende gewachsenen Kulturlandschaft zu erhalten. Forschung, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit für Naturschutz haben, nicht zuletzt durch die Gründung der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz, große Bedeutung in diesem Gebiet und unterstützen ein Entwicklungskonzept, das Schutz und Nutzung der Landschaft bestmöglich zu verbinden sucht. Für die Regionalökonomie der dünn besiedelten Landschaft spielt vor allem der von der Attraktivität des Naturschutzgebiets geförderte Tourismus eine große Rolle. Aber auch sonstige ökologische Leistungen der Heidelandschaft werden zunehmend erkannt und in ihrer Bedeutung für die zukünftige ökonomische Entwicklung der Region diskutiert.